Oder, das Geheimnis des ½ Zoll-GF-Rohres
Zweifelsohne die Schlafegg-Geschichte ist immer wieder ein Update wert. So auch diesmal als, doch bei eher zweifelhaftem Wetter am Sonntag, wir, mit Sack und Pack, uns zu Wetterstollen Gesenk II hinaufbemühten um weitere Geheimnisse der Unterwelten zu ergründen. Ort der Begierde, lange schlaflose Nächte produzierend, die Hauptstrecke jenseits der Verstützung, insbesondere hierbei der legendäre Cornu-Schacht im Zentrum der Kohle-Mine.
Wir wussten dass der Hauptquerschlag, weil viel zu breit gebaut in geologisch labilem Bereich, gnadenlos zusammengesungen war. Also mussten wir, ehe wir diese Mission vorbereiten konnten, erstmals Klarheit über die mögliche Versturzumgehungs-Route erlangen. Dazu erstmals von Nöten, die genaue Entschlüsselung des vorhandenen Grubenplans.
Klar war, wir mussten von der Grundstrecke 1N (auf 1840 m.ü.m.), welche wir über den Wetterstolllen erreichten, auf 1797 Meter über Meer, Sprich Niveau Hauptquerschlag hinunterklettern. Verschiedene Varianten standen zur Diskussion die wir im Berge genauer prüfen wollten. Alle 3 erkorenen Varianten bedurften einer gewichtsintensiven Ausrüstung wie Seile, Felsanker, Fäustel und vieles mehr, was wiederum den Aufstieg übers steile Gelände zur Olympiadisziplin machte.
Als mögliche Abstiege waren bestimmt,
- Gesenk II über die Steinestaumauer hinab auf der Rutsche bis auf Grundstrecke 2N.
- Das Abbaufeld südlich von Gesenk II welches nach unserer Annahne auf der Grundstrecke 2N endet.
- Und zu allerletzt, den in der Vorgeschichte Braunkohlegruben Schlafegg beschriebenen Schrägschacht welcher schon einst mittels ½ Zoll-GF-Rohr bestiegen wurde.
Die Variante Gesenk II war schnell vom Tisch als ich am Seil gesichert mich bis zur Rutschbahn begab und feststellen musste dass diese nach wie vor gefährlich rutschig war und ich am Wiederaufstieg zweifelte. Keine Ruhe lies mir die Vorstellung dass diese witzige Steine-Rutschbahn in eine Rollenschnauze enden könnte und ich in dieser zwangsläufig, unbeweglich feststecken täte.
Also rück und kehrt um das Abbaufeld genauer zu untersuchen. Aber auch hier, was wir im Plan als Abbaufeld interpretieren sind in Tat und Wahrheit mögliche abbauwürdige Bereiche. Ein Stollen finden wir doch noch welcher exakt den Konturen des abbauwürdigen Bereiches folgt und siehe da, das Geheimnis der Rutschbahn ist geklärt.
Fast am Ende des Stollens findet sich eine heimtückische Öffnung im Boden die schnurstracks einen tiefen Schrägschacht ankündigt. Im innern ein durcheinander verfaulter Leitern die ein Indiz für den damaligen Personenzugang (in der Fachsprache, Fahrtrumm genannt) sind. Folglich ist eindeutig das parallel verlaufende Gesenk II ein richtig bös in Rollenschnauze endender Schacht.
Der gefundene Fahrtrumm wäre folglich eine Möglichkeit die Grundstrecke 2N zu beklettern doch auch hierbei machte sich schnell eine bösartige Schikane breit. Der erste Teil des Schachtes, rund 3 Meter, verläuft fast Vertikal abwärts ehe unten, wo die sterbenden Leitern herumliegen, der Weiterfluss im 45 Gradwinkel weiter verläuft. 3 Meter hinunter, durchaus möglich, doch 3 Meter wieder zurück vertikal hinauf schien uns zu heftig. Hinzu kam hier die Schwierigkeit des Ankersetzens. Kohle oder Verwandte hält rein gar nix.
Also Variante 3 und hierbei erst noch das in der Geschichte Braunkohlegruben Schlafegg beschriebene Geheimnis des ½ Zoll-GF-Rohres entschlüsseln.
Über die, irrtümlich in der Vorexkursion als neue unbekannte, Strecke gelangten wir an die beschriebene Abstiegsstelle. Auf dem Weg dorthin indes wollten wir den eindeutigen Beweiss erbringen das dieser Stollen keineswegs eine neue unbekannte Strecke war, viel eher solle diese als Grundstrecke 1S damals 1945 benamst worden sein. Wir verglichen den Grubenplan mit dem real Erkannten und stellten eine eindeutige Übereinstimmung fest.
Somit war klar, auf den Grubenplan war verlass einzig der Zahn der Zeit könnte uns richtig viel Steine in den Weg gelegt haben.
In mitten der Grundstrecke 1S findet sich ein steiler Schrägschacht welcher eine Höhendifferenz von 22 Meter überwindet, nach Grubenplan, rund 50 Grad steil. Diesen Schrägschacht galt es zu überwinden um aufs Grundniveau zu gelangen. Eine Aufgabe für unsere Seile (Hauptseil und Backupseil) indes war hier ein zuverlässiges Setzen des Ankers unmöglich. Was zu weich war, war definitiv zu weich und zu Hart kannte keine Gnade mit meinen eigens angeschleppten Putznägeln.
Also, was einst funktionierte, nämlich das eingegrabene antike ½ Zoll-GF-Rohr, könnte auch bei uns wieder halten. Gesagt getan, wir befestigten eines der Seile am Rohr, rammten dieses so weit als möglich in den Boden und begruben Seilende mit Rohr unter einem Steinhaufen welcher Handgelenk mal Pi das 6fache unser Einzellkörpergewicht wog.
Anmerkend hier, keineswegs ist der Vorabsatz eine Anleitung zur Nachahmung. Diese Übung bedarf einer hohen Risikobereitschaft, die weit jenseits der Vernunft liegt. Auch wenn unserer Konstruktion bei uns funktionierte und wir damalig noch auf ein, im Notfall offenes Stollenfenster im Grundniveau spekulierten, so sei gesagt, das Stollenfester ist leider nicht mehr erreichbar. Wäre das Seil aus der improvisierten Verankerung gerissen, wäre dies per Vornamen richtig Scheisse für uns gewesen.
ANY, BITTE NICHT NACHMACHEN!!!!!!!!!!!!
Nur lesen, nicht machen.
Als wirklich funktionierende Befestigungsalternative sind an dieser Stelle Schlaganker M10 und eine Akku-Schlagbohrmaschine zu empfehlen.
Die Abwärtsfahrt verlief erstaunlich fix obschon das mulmige Gefühl mich keine Minute befreite. Auf halber Abwärtsstrecke fand ich einen Leiteranker aus alten Tagen an diesem befestigte ich das zweite Seil. Falls unsere Aufhängung nicht Stand halten sollte, so wären wenigstens 11 Meter am Seil überwindbar. Spekulierend hierbei das im Notfall genügend Material in der Hauptstrecke auffindbar wäre um die weiteren 11 Meter ohne Seil zu schaffen.
Zum Glück geschah nichts und die Konstruktion verhielt sich Standfest. Leitern etwa sind mir in der erreichten Hauptstrecke keine begegnet, ergo, es wären mühsame 11 Meter gewesen im Falle des Seilverlustes auf der oberen Strecke.
Es war ohnehin einst die Frage in der Vorgeschichte Braunkohlegruben Schlafegg was wir im Schachtboden noch antreffen könnten. Das Skelett eines Vorkletterers blieb aus was mich doch überaus beruhigte.
Hauptstrecke Braunkohlegrube Schlafegg
Alsbald machten wir uns Richtung Hauptquerschlag, hier unser Interesse das Stollenlokdepot, an der Grundstrecke 25. Leider jedoch ist dieser Stollen wenige Meter vor dem Lokdepot verbrochen. In umgekehrter Richtung auf der Grundstrecke 1780 versuchen wir den gemeinberüchtigten Cornu-Schacht mit deren spektakulären Liftkonstruktion zu erreichen doch oh weh, vor unseren Füssen tut sich eine Spalte auf. Erst später bemerken wir dass der Boden leicht durchfedert als wären wir nicht auf Felsen stehend. Klar, wir sind oberhalb der Hauptkluft, entgegen jedoch meiner Vermutung, ist diese gänzlich leer geräumt. Folglich waren einst die Stollenbahnen auf einer künstlichen Konstruktion unterwegs.
Und tatsächlich, das Historische Foto vom einen Schacht, wahrscheinlich dem Cornu-Schacht 1945, (Quelle Kulturgutstiftung Frutigland) zeigt rechts des Liftes ein Bretterboden auf welchem die Loren herumkurven.
Hauptkluft 40 Meter abwärts, diesmal, am 5. August 2012, ohne Bretterboden.
Stand 2012, der Bretterboden fehlt zu grossen Teilen, ob dieser in die Tiefe stürzte ist fraglich. Was noch vorhanden ist, ist nur gering vertrauenswürdig. Den Lift könnte ich nicht erkennen. Auch die Befahrung über die Rückseite, beim Schacht Nummer 1 brachte wenig Resultat. Die vermeintlichen Holzkonstruktionen fehlen auch da. Einzig am Rande des Cornu-Schachtes kann ich etwas Betoniertes ausmachen. Ein Weiterkommen auf der Hauptstrecke jedoch ist undenkbar, die rund 50 Meter tiefe Kluft hindert ein ungesichertes Durchkommen. Denkbar jedoch die Befahrung, mit Seilsicherung an der Kluft vorbei bis zu Schacht Nummer 2.
Positiv jedoch, der Schrägschacht 2 ist intakt womit Grundstrecke 1777 zu erreichen wäre. Wir jedoch liessen ab von solch einer umfangreichen Befahrung zumal wir immer noch das nie gefundene Stollenfester, diesmal von innen, suchen wollten.
Dies Stollenfenster bildet zugleich das Ende der Grundstrecke 25. Somit war die Aufgabe denkbar einfach, einzig mussten wir bis ans Ende der Grundstrecke 25 gelangen. Dies Fenster war Backupvariante sollten wir nicht wieder kletternd die obere Grundstrecke 1S erreichen.
Anfänglich schien die zunehmende Zimmerung durchaus passabel und Stabil zu wirken doch je mehr wir uns an Tage annäherten desto häufiger waren verstürzte Stollenabschnitte bis gegen Ende die Verbrüche nicht mehr passierbar wurden. Kurz vor Schacht Nummer 6 ist der Stollen zu folglich unser möglicher Notausstieg schlicht unerreichbar. Klar war nun, einiger Ausgang für uns über die Steile Kletterpartie in der Grundstrecke 1S.
Zur Verdeutlichung unserer Erkundungen der Grubenplan (Quelle Kulturgutstiftung Frutigland) in welchem ich unsere bis anhin erkundeten Stollen markierte. Auch hierbei, wer Genaueres wissen will soll diesen Anklicken um die grössere Version zu öffnen.
Trotz des erstaunlich guten Zustands dieses Bergwerks lauern etliche Gefahren in diesem Werk. Äusserste Vorsicht sollte walten bei deren Erkundung. Insbesondere gut getarnte Absturzstellen sind etliche anzutreffen. Trotz des Grubenplans ist die Orientierung, durch die unzähligen Verstürze, äusserst schwierig. Einzig hilfreich könnten die Sprayereien sein die wie zu lesen ist aus dem 2006 stammen (wahrscheinlich von einer Pfadi-Gruppe gesprayt) und teils genau mittels Pfeilen die Ausgangsrichtung markieren.
Sumasumarum, ein Bergwerk nur für äusserst erfahrene Unterweltbegeher und Begeherinnen mit hohem Erlebnisfaktor indes, da Ausrüstung angeschleppt werden muss, überaus Kräfteraubend.
Ehe ich nun diese Geschichte mit meinen obligaten Links abschliesse hier noch zu besten gebend, das kleine Intermezzo mit der Kuh die mir den Chorizo klauen wollte.
Teil 1, die Haldenidylle und anschleichende Kühe
Anfänglich sollte ein ganz gemütliches Mittagessen stattfinden ehe wir weiter Richtung Zürich fahren wollten. Im Hintergrund die riesige Halde des Bergwerks Schlafegg, im Vordergrund eine nicht wirklich unauffällig sich anschleichende Kuh. Hinter der Kamera eine am Chorizoauspackende Luisa.
Teil 2, die Flucht
Und zweifelsohne die Kuh ist nicht blöd und erkennt diese Tatsache genau richtig worauf die Aufdringlichkeit des Braunviehs sich allmählich steigerte.
Trotz schöner Bergkerkshalde im Hintergrund, wir mussten das Feld überstürzt räumen und ein Kuhfreier Bereich auf der Schlafegg aufsuchen.
Trotzdem, erhöht vom Boden auf einem Baumstrunk, weit fern nervender Kühe, könnte ich denn doch noch mein Chorizo in aller Pracht geniessen.
Any, liebe Blogleser und Leserinnen, macht nie das was Luisa macht, macht besser dies was jenes Mädel zu predigen weiss.
Und die Links von mir
Vorbeitrag Braunkohlegruben Schlafegg
Vorvorbeitrag Kohlegruben Schlafegg
Und klar, alles begann einst Berner Oberländer Braunkohle
Interessante Links nicht aus meiner Feder
Gruppe Projektwoche Berner Oberland mit dem Infoheft als PDF “Schiefer und Kohle”
Kulturgutstiftung Frutigland mit der PDF Broschüre “Frutiger Schiefer und Kandergrunder Kohle”
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