Es ergab sich die Gelegenheit an Nationalfeiertag die letzte noch mir unbekannte grössere Kupfererzgrube auf Mürtschenalp zu erkunden. So bestiegen wir, wieder in Dreierbesetzung, bei herrlichem Wetter das, wie üblich wunderschöne, Mürtschental um Südseitig die Erzbetgrube zu erreichen. Noch hielten wir uns konsequent an die uns bekannte Route zumal wir um die Strapazen wussten die dies Bergwerk zur Erkundung verlangte und wir keine Zeit mit Mundlochsuche verbraten wollten.
Die wuchtige Halde war demzufolge nach dreistündiger Wanderung schnell gefunden. Der Abbraumhaufen zeugt noch heute von ausgedehntem Bergbau in verborgenen der Felsen. Auf der flachen Halde bildete sich, nach rund 94 Jahren des Stillstands, ein prächtiger Moosteppich. Das Moos wird hierbei mittels Stollenabfluss bewässert. Ergo dürfte, wo Wasser fliesst, ein Stolleneinstieg durchaus realistisch erscheinen wenn doch wir um deren Verschüttung wussten.
Das Mundloch wiederum, da längst bekannt, war schnell gefunden nur traute ich mich bis anhin nie ins Innere. Diesmal, mit Schaufel und Pickel ausgestattet, sollte der Einstieg gelingen war unsere Devise.
Der Einstieg, leichter gesagt als getan. Nach 1.5 Meter ab Mundloch, welches ohnehin schon eng genug ist, tut sich die wirklich heftige Hürde auf. Im Bild, linker Hand meines Kopfes ein Felsblock welcher untergraben werden möchte ehe das Stollensystem freigegeben wird. Dreierlei Probleme bilden die Würze jedes Bergarbeiters.
a) Der Felsblock rund 80 x 80 x 80 cm gross ist überhäuft mit lockeren Felsbrocken oberhalb. Das Gewicht des Kolosses mit daraufliegender Gewichtsbelastung dürfte den 4-Stelligen Kilobereich bei weitem überschreiten.
b) Es wird keine feste Auflage des Blockes sichtbar. Die Annahme wonach das Steinchen mit seinen, weinigen Tonnen Gewichtskraft auf weichem Untergrund ruht, erscheint naheliegend. Zwar ist schnell die benötigte Unterteufung von 20 cm zum durchschlupf geschaffen doch damit verringert sich die Auflage des Steins des Anstosses. Und, der Anstoss ist hier die treffende Bezeichnung, denn das oberhalb lastende Material sorgt in der Tat für den nötigen Anstoss um den Kolos tiefer zu senken. Ergo, Rein muss schnell erfolgen und bei Rückkehr dürfte im ungünstigsten Fall der Stein des Anstosses erneut den Ausgang versperren.
c) Den Stein unterqueren heisst das wir durch einen Siphon schlüpfen müssen. Eine leider nicht minder anspruchsvolle Akrobatiknummer die wir mit noch mehr Siphontiefe zu entschärfen versuchen. Diese zusätzliche Unterteufung wiederum mindert die so sehr vermisste Stabilität.
Nach Viertel Kubik Aushub flutschten wir, ich als Frau (Vorbau) mit deutlich mehr Anstrengung, hinein.
Ehe jedoch die Einfahrt in die Grube Erzbett näherer Beschrieb findet, mein Grubenplan zur Verdeutlichung der einzelnen Details.
Die Grube wurde im Jahre 1919 aufgegeben, der vorgefundene Stand dürfte folglich am ehesten dieser Zeit entsprechen. Es deutet einiges darauf hin das über Jahrzehnte hinweg nur wenige dies Werk besuchten folglich knüpft mein Plan an die Bergbauperiode um Gustav Weinmann 1916 bis 1919.
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Wie erwähnt findet sich nach 1.50 Meter Mundloch eine üble Felsklotzverstürzung. Nach Überwindung dieser sinkt jedoch der Boden allmählich auf Stollenbodenniveau. Eine Passage mit klassischer Türstockzimmerung folgt.
Die Türstöcke, 2 von denen, sind trotz des drückenden Gewichtes erstaunlich fit wenn doch der Zweite seit etlichen Jahren an empfindlicher Stelle knickte. Trotzdem schienen diese Zimmersleutwerke nicht auf uns gewartet zu haben also standen sie auch weiterhin, beim Verlassen der Grube, in gewohnter Position.
Im Weiterverlauf der Tagesstrecke die erste, wahrscheinlich auch bedeutendste, Abbauzone, das eigentliche Erzbett. Der hier abgebaute Erzgang verlief von der Tagesstrecke rund 40 Gradsteigend ziemlich genau in nördliche Richtung. Anstelle der Erzreichen abgebauten Schichten findet sich ein grosszügig mit Versatz verfülltes Feld. An der Tagesstrecke ist der Versatz mittels Spuntwand sauber abgestützt. Während, im Bild linker Hand, die Spuntwand noch tragfähig dem Zahn der Zeit trotzt, scheint die vordere Wand, rechts im Bild, eingebrochen zu sein. Der Versatz liegt teils verteilt auf dem Stollenboden.
Das Abbaufeld ist mit kleinen Stollen zwischen den Versatzzonen erschlossen. Hier die Sicht vom höchsten Punkt aus, durch denn Mittelstollen, auf die Tagesstrecke.
Die Tagesstrecke führt am Abbaufeld vorbei direkt zum Schrägschacht mit ziemlich intakter Haspelaufzugsanlage.
Der mächtige Schacht ist mit einer perfekt erhaltenen Bühne abgedeckt. An deren linken Seite die Haspeltragevorrichtung wo einst die Haspeltrommel befestigt war. Im Hintergrund, sowohl links wie rechts, der Stollenweiterverlauf indes hierbei nur noch durch taubes Gestein führend.
Der Schrägschacht ist randvoll mit klarem Quellwasser aufgefüllt. Noch erhalten die Holzschienen für die Förderkiste, wie auch links der Beschlagverstärkten Haspelführung, der Fahrtrumm mit ebenso perfekt erhaltener Leiter welche in unendlich anmutenden, dunkelblauen Wassertiefen führt.
Genannt wird eine Schachttiefe von 28.75 Metern. In rund 10 Metern Tiefe solle ein neuer Erzgang angefahren worden sein. Dieser fast senkrecht verlaufende Erzgang wurde, so will es der damalige Chef des Büros für Bergbau, Ingenieur Fehlmann wissen, mittels Stollen in einer Tiefe von 11.08 Metern weiter verfolgt. Mir war das Wasser eindeutig zu kalt um diese Aussage zu überprüfen.
Auf rund 37 Meter tiefe, von Holzbühne Haspelachse her gemessen, unterquert ein 181 Meter langer Querschlag, welcher die Männer von Gustav Weinmann 1916 anlegten. Dieser Stollen hätte den oben abgebauten Kupfererzgang anfahren sollen. Das begehrte Kupfererz blieb aus, in der Folge wurde der Stollen auf eine Gesamtlänge von 181 Metern durch taubes Gestein getrieben. Nur wenige Meter horizontal fehlten um den Durchbruch zum Schragschacht zu erreichen. Der Schrägschacht war damals auf eine permanent laufende Pumpe angewiesen, die Verbindung zum unteren Querschlag hätte alle Entwässerungsprobleme auf einen Schlag gelöst.
Wieso der Querschlag den Schragschacht nicht anfuhr bleibt nicht eindeutig geklärt. Von denn 181 Metern sind heute knapp 20 mit immensem Aufwand fahrbar. Die einte, von mir gehegte Theorie besagt, das mangels Ertrag dies Bauvorhaben bei 181 Metern, ohne Ausführung des rund 2 Meter messenden Hochstosses, beendet wurde.
Nach zweiter Theorie könnte möglicherweise die Winkelabweichung am Querschlag ein Treffen des Erzganges oder etwas später der Sohle des Schrägschachtes verunmöglicht haben.
Wissen tue ich dies nicht eindeutig, auch mir gelang der Einstig in den unteren Stollen nur 10 Meter weit ab Mundloch.
Nun jedoch zurück ins Erzbett in die oberen Grubenbauten wie diese wahrscheinlich 1919 aufgegeben wurden.
Im hinteren Bereich des Stollensystems findet sich die Magazinkammer. Damals so wird ersichtlich war einst eine Türe montiert. Meine Sicht auf dem Bild zeigt, durch die fehlende Türe hindurch aus dem Materialmagazin heraus, in den tauben Fahrstollen. Im Magazin selbst war ein Holzboden aufgebaut. Noch zeugen Holzklötze von Zwischenboden, wahrscheinlich stand hier Sprengstoff für den Vortrieb bereit.
Die Entwässerung des Systems verdient ganz besonderes Augenmerk. Die Quellwasserführenden Stollenbauten werden mittels ein Holzkännel, welcher auf der Holzbühne über dem Schrägschacht montiert ist, zusammengefasst. Ein Graben im Parallelstollen fördert nun dies zusammengefasste Wasser zur Tagesstrecke und weiter zum Mundloch hinaus. Die Pumpe welcher den Schrägschacht trocken legte stand wahrscheinlich einst auf der Holzbühne. Damals waren Pumpen eher minder Saugfähig wodurch diese nahe der Absaugstelle platziert werden mussten.
Der Holzkännel ist, wie auf dem Bild ersichtlich, noch nach 94 Jahren Betrieb in tadellosem Zustand.
Die Geschichte, bereits etliche male in Vorbeiträgen erwähnt, solle hier nur Stichwortartig Platz finden.
1680, 1723, 1834 Der Kupfererzabbau findet erstmalig erwähnung.
1849 Zwei fleissige Obstalder beleben verschiedene alte Gruben.
1853 wird eine Gesellschaft um Herrn Dr. Heinrich Simon aus Zürich gegründet. Mitteilhaber wird später Emil Stöhr welcher die Bauen detailiert dokumentiert
1855 Heinrich Julius Tröger wird Betriebsleiter der Kupfererzgruben Murtschenalp. Bis jenes Datum werden hauptsächlich drei Gruben bewirtschaftet diese sind,
- Kalttal auf 733086 / 214583 / 1506müm,
- Hauptgrube auf 731757 / 214272 / 1697müm
- Erzbett auf 731548 / 214111 / 1719müm .
1860 im August verunglückt Heinrich Simon auf dem Walensee
1862 löste sich die Gesellschaft AG Kupferbergwerk Mürtschenalp auf. Der Bruder des Verstorbenen Heinrich Simon, Gustav Simon übernimmt die verbleibenden Anlagen.
1916 Die Firma Gustav Weinmann aus Zürich reaktiviert mit grossem Aufwand die drei Bergwerke indes sollen nur noch Erzbett und Hauptgrube im Hauptfocus der Bergleute stehen. Grosse, hauptsächlich in tauben Fels verlaufende, Stollenbauten in Gesamtlänge von rund 250 Metern, werden ausgeführt.
1919 werden die Aktivitäten Gustav Weinmann-Männern, ohne nennenswerten Erfolg, gänzlich eingestellt.
bis 1.8.2013 ist wahrscheinlich der Personenkreis welcher die Erzbett Gruben besuchte, eher klein.
Insofern genannt als Erforscher der Grube Erzbett,
2001 Hans Peter Stolz, David Imper und Roman Büsser (Quelle: Bergknappe Nr. 118)
2010 Andreas und Jann Rehm (Quelle: Bergknappe Nr. 117 und Familie Keller Mürtschenalp 2010)
1.8.2013 Matthias Keller und Luisa Karrer
Vorbeiträge zum Thema
Uranier und sonstwie Hochdekorierte
Kupfer und Silberbergwerk Mürtschenalp
Mürtschenalp, eine Wanderung
Die Bilderseite: Mürtschenalp
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