Es ist bald ein Jahr seit letzter Val-Tisch, Minas da Fier -Geschichte vergangen und so war die Freude umso grösser zu neulichem Besuch. Damals, eben ein Jahr zurückliegend, berührte mich die Frage Wer war Anton ?
Inzwischen erliess die geistreich nicht wirklich weitermutierte Bergüner Gemeindeversammlung auf Gemeindeboden ein allgemeines, als Marketinggag verkauftes, Fotografierverbot . Ich ignorierte richtigerweise gesagtes Verbot im Wissen dass dies Dekret kaum der hiesig geltenden Gerichtsbarkeit statt halten würde. Also gibt’s wieder jede Menge schöner Bilder in meinem Texte.
Aber zurück zum Kernthema, im Val Tisch, einem Tal auf, wie genannt, Bergüner Boden, liegt ein bedeutendes Bergwerk welches ich mit Freunden seit vielen Jahren regelmässig beforsche. Noch liegen viele Geheimnisse im Dunkeln doch die Geheimnisse schrumpfen allmählich und es entsteht ein klareres Bild damaliger Eisenproduktion. Und, auch immer wieder ein Ausflug wert, die herrliche Landschaft, die, auch ohne Marketinggag, durchaus sehenswert erscheint.
Die Bergwerksanlage erlebte deren Betriebsende um 1840 wenn doch dieser Bruch nicht eindeutig festsetzbar erschein. Immer wieder war die Industrielandschaft Ort verschiedener Forschungen und umfangreicher Abbauwürdigkeits-Abklärungen. Die letzen dortig Forschend und Vermessenden waren Eugster und Müller vom Büro Fisch um 1943. Aus dieser Zeit geht eine detailierte Aufzeichnung der Stollenanlagen hervor die einige Fragezeichen beherbergte. Unsere Mission war es die noch sitzenden Fragezeichen zu verbannen und die unbekannten, noch nicht dokumentierten Stollenbauten, genauer zu vermessen. Auch so wollte ich in Ruhe etwas tiefer in die Bergbaugeschichte, anhand konkreter Spurensuche, hineinblicken.
Wie immer ist der Einstieg ins Stollentief zwar Eng aber dafür von beindruckender Ästhetik.
Die Bergleute um 1840 machten jagt aufs begehrte Hämatit, welches noch heute, in zahlreichen Adern reichlich zu finden ist.
Wir indessen machten Jagt auf unbekannte, verschlossene Schächte und sonstwie nicht abschliessend dokumentierte Stollenwerke.
Ein immer wieder absolut kickender Deckel sitzt oberhalb des 38 Meter tiefen Hauptschachtes. Die genaue Vermessung, respektive ein genaues Aufzeichnen des Standortes im Kontext zu den bekannten Abbaustollen, zwecks des Verständnisses, tat Not. Ursprünglich wollten wir den Deckel gewaltsam, unter hohem Risiko, knacken doch die minutiöse Umsetzung der Messwerte in Form eines Plans rettete letztlich dies edle Holzwerk. Zu eindeutig erscheint gegenwärtig das Gegenende des verschlossenen Schachtes. Dieser endet namentlich in einer oberen Halle. Auf dem Holzdeckel ruht folglich heute rund 3 Meter Steinversatz mit samt Stützmauer. Über ein Nebendurchgang lässt sich heute die Halle oberhalb des Holzdeckels befahren.
In dieser oberen Halle sind weitere interessante Geheimnisse verborgen. Im Innern liegt viel Holz am Boden. Zwischen den Holzbalken wiederum, in noch offenen Hohlräumen, kleine Stützmauern die wahrscheinlich breite hölzerne Arbeitsbühnen trugen. Die Halle selbst erreicht eine Maximalhöhe von rund 7 Metern. Und, in Tagrichtung erhebt sich eine mächtige Trockenbauwand bis Hallendach.
An kleiner Stelle liegt eine Öffnung die einer genaueren Vermessung bedurfte. Oberhalb der Mauer wird klar ersichtlich ein Schutteinbruch welcher von Tage her ins Untertagereich eindrückte. Dieser Einbruch ist eindeutig Grund für die Mauerexistenz. Die Stützmauer sollte, soviel ist heute klar, ein weiteres Zuschütten der Halle verhindern. An Position des Einbruchs, dies jedoch auf Tage, markieren die damaligen Vorgänger, im Jahre 1943, den „vermuteten Stollen II“ auf dessen Pläne . Der damalige Stollenkartograf, genanntes Büro Fisch aus Zürich, kannte die Halle nicht.
Der heute bekannte Abbauraum mündet in ein Gesenk welches hoch steigt und unsereins auch schon bereits bekannt war. Dies Gesenk verbindet über einen, wieder abwärts verbindenden Gang, die, um 1943 gezeichnete, Halle 1.
Die Halle 1 kann auch über den Hauptstollen befahren werden. Mittels dieser Strecke untendurch besuchten bereits 1943 die Forscher des Büros Fisch den Abbau. Noch heute steht drohend oberhalb des engen Durchschlupfs eine halb zerfallene, voll beladene Bühne festgeklemmt zwischen den zwei Stollenwänden.
Dank viel Fleissarbeit meiner Begleiter konnte der enge Verbindungsgang steil hoch ins Gesenk weiter ausgeräumt werden so das ein Durchschlupf in die Parallelhalle möglich wurde.
Der Aufstieg ist Steil und Teil eines Gesenks welches sich, wahrscheinlich mittig, mit dem etwas flacherem Schrägschacht der Parallelhalle verbindet. Im der Gesenköffnung klemmt ein schweres Kantholz, ein Indiz für mögliche grössere Bergbautätigkeiten im oberen Gesenkteil. Bei zunehmender Gesenkhöhe indes nimmt die feuchte Versturzmasse, bis hin zur kompletten Verfüllung, zu. Das Material stammt eindeutig von Tage und zeigt in Richtung des auf Aussenskizzen, aus Jahren 1943, markierten „Stollen II Angegeben“ Punktes. Wo dieser Stollen II angegeben wurde entzieht sich unserem Wissen. Der letzte Betriebsleiter des Bergwerks Albertini beschrieb die Stollenbauten teils recht detailiert doch vom Stollen II lass ich nirgends, hinzukommend dürfte dieser obere Stollen II mit zugehörigem Gesenk noch vor Albertinis Zeit stammen.
Im unteren Ende der Halle 1, auch immer wieder faszinierend, ein weiterer Schacht, knappe 14 Meter tief, welcher nur so strotzt von Hämatit. Ich liess mich in dieser tief gelegenen Bergbauregion, nahe des Schachtkopfes, nieder zwecks Studium vorhandener Inschriften im letzten Stollenstummel.
Ein letztes Namenstäfeli, wie jenes von Anton in Stollen IV, an flacher Wandfläche, ist noch übrig geblieben. Ich vermute dass einst mehrere solch schwarze Flächen mit eingeritztem Namen die aktuell unten abgebrochene Wand zierten.
Der genaue Blick jedoch lässt leider keine Texte mehr auf der schwarzen Fläche erkennen. Stattdessen ist nebenan eine Fingerinschrift, wahrscheinlich neuerem Datums, erkennbar. Wer diese Inschrift festsetzte ist schwer zu erahnen. Dies Stollenwerk war lange sehr schwer zugänglich. Mit Werkzeug ausgestattete Bergleute werden kaum sich der Fingerkunst gewidmet haben. 1955 stiess eine Pfaditruppe in den 36 Meter tiefen Hauptschacht diese Jungs indes werden kaum diesen Stollen erreicht haben. Auch nach 1955 könnten Einige dies Werk besucht haben. Alleweil, wir werdens nie so genau wissen und auch die Inschrift ist nicht restlos entziffert aber wir bleiben dran.
Der Plan jedoch ist das wichtigste Produkt jahrelanger Forschung.
Heute ist die gänzlich undokumentierte Ebene +10 fertig vermessen. Dieser obere Plan mit der unteren Ebene verknüpft zeigt eindrücklich die Durchgänge in die 1840er Hauptstrecke. Auch sind die Bergbauperioden, die von oben nach unten sich ausdehnten, weiter nach verfolgbar. Trotzdem ist mein Plan lange nicht fertig und es fehlt noch die Integration der unteren Etagen wie auch der definitive Seigerriss.
Nichts desto trotz wars wieder mal ein tolles Wochenende in Bergüner Gefilde mit toller Aussicht aus Stollen I heraus.
Und, ja wie bekannt, diese Geschichte wird fortgesetzt.
Vorbeiträge zu Eisenproduktion in Bergüner Gemeindeboden:
Fopa da Chianols, noch mehr Geschichten
Wer war Anton ?
Eisenbergwerk Val Tisch so is es
Internationale Val Tischer Bergwerke
Eisenbergwerk Val Tisch, Neues
Minas da Fier Val Tisch
Die geheimnisvollen Minen des Val Tisch
Bergbausachverständige am graben
Val Tisch, die Fortsetzung
Das Geheimnis von Val Tisch
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