Monat: Juni 2017

Val Tisch im 2017

Es ist bald ein Jahr seit letzter Val-Tisch, Minas da Fier -Geschichte vergangen und so war die Freude umso grösser zu neulichem Besuch. Damals, eben ein Jahr zurückliegend,  berührte mich die Frage Wer war Anton ?

Inzwischen erliess die geistreich nicht wirklich weitermutierte Bergüner  Gemeindeversammlung auf Gemeindeboden ein allgemeines, als Marketinggag verkauftes,  Fotografierverbot . Ich ignorierte richtigerweise gesagtes  Verbot  im Wissen dass dies Dekret kaum der hiesig  geltenden Gerichtsbarkeit statt halten würde. Also gibt’s wieder jede Menge schöner Bilder in meinem Texte.

Aber zurück zum Kernthema, im Val Tisch, einem Tal auf, wie genannt, Bergüner Boden, liegt ein bedeutendes Bergwerk welches ich mit Freunden seit vielen Jahren regelmässig beforsche. Noch liegen viele Geheimnisse im Dunkeln doch die Geheimnisse schrumpfen allmählich und es entsteht ein klareres Bild damaliger Eisenproduktion. Und, auch immer wieder ein Ausflug wert, die herrliche Landschaft, die, auch ohne  Marketinggag, durchaus sehenswert erscheint.

Val Tisch Minas da Fier

Die Bergwerksanlage erlebte deren Betriebsende um 1840 wenn doch dieser Bruch nicht eindeutig festsetzbar erschein. Immer wieder war die Industrielandschaft Ort verschiedener Forschungen und umfangreicher  Abbauwürdigkeits-Abklärungen. Die letzen dortig Forschend und Vermessenden waren Eugster und Müller vom Büro Fisch um 1943. Aus dieser Zeit geht eine detailierte Aufzeichnung der Stollenanlagen hervor die einige Fragezeichen beherbergte. Unsere Mission war es die noch sitzenden Fragezeichen zu verbannen und die unbekannten, noch nicht dokumentierten Stollenbauten, genauer zu vermessen. Auch so wollte ich in Ruhe etwas tiefer in die Bergbaugeschichte, anhand konkreter Spurensuche, hineinblicken.

Val Tisch Minas da Fier

Wie immer ist der Einstieg ins Stollentief zwar Eng aber dafür von beindruckender Ästhetik.

Val Tisch Minas da Fier

Die Bergleute um 1840 machten jagt aufs begehrte Hämatit, welches noch heute, in zahlreichen Adern reichlich zu finden ist.

Wir indessen machten Jagt auf unbekannte, verschlossene Schächte und sonstwie nicht abschliessend dokumentierte Stollenwerke.

Val Tisch Minas da Fier

Ein immer wieder absolut kickender Deckel sitzt oberhalb des 38 Meter tiefen Hauptschachtes. Die genaue Vermessung, respektive ein genaues Aufzeichnen des  Standortes im Kontext zu den bekannten Abbaustollen, zwecks des Verständnisses, tat Not. Ursprünglich wollten wir den Deckel gewaltsam, unter hohem Risiko, knacken doch die minutiöse Umsetzung der Messwerte in Form eines Plans rettete letztlich dies edle Holzwerk. Zu eindeutig erscheint gegenwärtig das Gegenende des verschlossenen Schachtes. Dieser endet namentlich in einer oberen Halle. Auf dem Holzdeckel ruht  folglich heute rund 3 Meter Steinversatz mit samt Stützmauer. Über ein Nebendurchgang  lässt sich heute die Halle oberhalb des Holzdeckels befahren.

Val Tisch Minas da Fier

In dieser oberen Halle sind weitere interessante Geheimnisse verborgen. Im Innern liegt viel Holz am Boden. Zwischen den Holzbalken wiederum, in noch offenen Hohlräumen, kleine Stützmauern die wahrscheinlich breite hölzerne Arbeitsbühnen trugen.  Die Halle selbst erreicht eine Maximalhöhe von rund 7 Metern.  Und, in Tagrichtung  erhebt sich eine mächtige Trockenbauwand bis Hallendach.

Val Tisch Minas da Fier

An kleiner Stelle liegt eine Öffnung die einer genaueren Vermessung bedurfte. Oberhalb der Mauer wird klar ersichtlich ein Schutteinbruch welcher von Tage her ins Untertagereich eindrückte. Dieser Einbruch ist eindeutig Grund für die Mauerexistenz. Die Stützmauer sollte, soviel ist heute klar, ein weiteres Zuschütten der Halle verhindern. An Position des Einbruchs, dies jedoch auf Tage, markieren die damaligen Vorgänger, im Jahre 1943, den „vermuteten Stollen II“ auf dessen Pläne .  Der damalige Stollenkartograf, genanntes Büro Fisch aus Zürich, kannte die Halle nicht.

Der heute bekannte Abbauraum mündet in ein Gesenk welches hoch steigt und unsereins auch schon bereits bekannt war. Dies Gesenk verbindet über einen, wieder abwärts verbindenden Gang, die, um 1943 gezeichnete, Halle 1.

Val Tisch Minas da Fier

Die Halle 1 kann auch über den Hauptstollen befahren werden.  Mittels dieser Strecke untendurch besuchten bereits 1943 die Forscher des Büros Fisch den Abbau. Noch heute steht drohend oberhalb des engen Durchschlupfs eine halb zerfallene, voll beladene Bühne festgeklemmt zwischen den zwei Stollenwänden.

Dank viel Fleissarbeit meiner Begleiter konnte der enge Verbindungsgang steil hoch ins Gesenk weiter ausgeräumt werden so das ein Durchschlupf in die Parallelhalle möglich wurde.

Val Tisch Minas da Fier

Der Aufstieg ist Steil und Teil eines Gesenks welches sich, wahrscheinlich mittig, mit dem etwas flacherem Schrägschacht  der Parallelhalle verbindet.  Im der Gesenköffnung klemmt ein schweres Kantholz, ein Indiz für mögliche grössere Bergbautätigkeiten im oberen Gesenkteil. Bei zunehmender Gesenkhöhe indes nimmt die feuchte Versturzmasse, bis hin zur kompletten Verfüllung, zu.  Das Material stammt eindeutig von Tage und zeigt in Richtung des auf Aussenskizzen, aus Jahren 1943, markierten „Stollen II Angegeben“ Punktes. Wo dieser Stollen II angegeben wurde entzieht sich unserem Wissen. Der letzte  Betriebsleiter des Bergwerks Albertini beschrieb die Stollenbauten teils recht detailiert doch vom Stollen II lass ich nirgends, hinzukommend dürfte dieser obere Stollen II mit zugehörigem Gesenk noch vor Albertinis Zeit stammen.

Val Tisch Minas da Fier

Im unteren Ende der Halle 1, auch immer wieder faszinierend, ein weiterer Schacht, knappe 14 Meter tief, welcher nur so strotzt von Hämatit. Ich liess mich in dieser tief gelegenen Bergbauregion, nahe des Schachtkopfes,  nieder zwecks Studium vorhandener Inschriften im letzten Stollenstummel.

Val Tisch Minas da Fier

Ein letztes Namenstäfeli, wie jenes von Anton in Stollen IV, an flacher Wandfläche, ist noch übrig geblieben. Ich vermute dass einst mehrere solch schwarze Flächen mit eingeritztem Namen die aktuell unten abgebrochene Wand zierten.

Val Tisch Minas da Fier

Der genaue Blick jedoch lässt leider keine Texte mehr auf der schwarzen Fläche erkennen. Stattdessen ist nebenan eine Fingerinschrift, wahrscheinlich neuerem Datums,  erkennbar. Wer diese Inschrift festsetzte ist schwer zu erahnen. Dies Stollenwerk war lange sehr schwer zugänglich. Mit Werkzeug ausgestattete Bergleute werden kaum sich der Fingerkunst gewidmet haben.  1955 stiess eine Pfaditruppe in den 36 Meter tiefen Hauptschacht diese Jungs indes werden kaum diesen Stollen erreicht haben. Auch nach 1955 könnten Einige dies Werk besucht haben. Alleweil, wir werdens nie so genau wissen und auch die Inschrift ist nicht restlos entziffert aber wir bleiben dran.

Der Plan jedoch ist das wichtigste Produkt jahrelanger Forschung.

Val Tisch Minas da Fier

Heute ist die gänzlich undokumentierte Ebene +10 fertig vermessen. Dieser obere Plan mit der unteren Ebene verknüpft zeigt eindrücklich die Durchgänge in die 1840er Hauptstrecke. Auch sind die Bergbauperioden, die von oben nach unten sich ausdehnten,  weiter nach verfolgbar. Trotzdem ist mein Plan lange nicht fertig und es fehlt noch die Integration der unteren Etagen wie auch der definitive Seigerriss.

Val Tisch Minas da Fier

Nichts desto trotz wars wieder mal ein tolles Wochenende in Bergüner Gefilde mit toller Aussicht aus Stollen I heraus.

Und, ja wie bekannt, diese Geschichte wird fortgesetzt.

Vorbeiträge zu Eisenproduktion in Bergüner Gemeindeboden:
Fopa da Chianols, noch mehr Geschichten
Wer war Anton ?
Eisenbergwerk Val Tisch so is es
Internationale Val Tischer Bergwerke
Eisenbergwerk Val Tisch, Neues
Minas da Fier Val Tisch
Die geheimnisvollen Minen des Val Tisch
Bergbausachverständige am graben
Val Tisch, die Fortsetzung
Das Geheimnis von Val Tisch

Römische Eisen und sonstige verwässerte Abenteuer

Ich lass mal die Bergüner, Bergüner sein und wende mich wieder wichtigeren Dingen zu. Lange ist es inniger Wunsch unterländerischer Archäologieen die verwässerten Geheimnisse eines, eben, mit Wasser gefüllten Gesenks zu erkunden. Ich, inzwischen als Wasserpumperin bekannt, bin mit dieser spannenden Geschichte konfrontiert worden.

Ob die Pumperei  tatsächlich noch Realisierung findet werden letztlich hiesige Universitäten entscheiden. Für mich wars primär ein Reko-Ausflug in wunderschöner Landschaft und eine richtig spannende Geschichte.

Gotschens

Oberhalb des Marmorera-Sees am knappen Ende des Baumwuchses erstreckt sich ein Bergbaugebiet wie ich es in diesem Lande noch nie zu Gesicht bekam. Das karge Gebiet nennt sich Gotschens und diente einst als Eisenerzgrube.

Gotschens

Der Aufstieg war, Sepp sei Dank, mit Fahrbewilligung und Jeep easy zu bewältigen. Noch lockere 200 Höhenmeter mussten wir zu dritt abspulen ehe allmählich Industriegeschichtliche Überbleibsel sichtbar wurden.

Erzgruben Gotschens

Bald jedoch offenbarten sich gröbere Erdbewegungen die ohne Zweifel mit brachialer Muskelkraft vollzogen wurden.

Erzgruben Gotschens

An tiefster Abbaustelle wird die mächtige Halde sichtbar welche die Hauptgrube markiert.

Erzgruben Gotschens

Und zwischendurch, an verschiedensten Stelle, immer wieder massives Eisenerz welches im Tagebau gefördert wurde.

Erzgruben Gotschens

Hin und wieder etwas weniges Tiefbauten, respektive Stollenbauten, die jedoch, aktuell, ziemlich bald im Versturz enden.

Erzgruben Gotschens

Oben, auf der Haupthalde angekommen, wird das Teil archäologischer Begierde allmählich sichtbar. Es ist ein Gesenk welches, im 30 Grad Winkel, ins Berginnere verschwindet.

Erzgruben Gotschens

Der Schrägschacht, wie auch die wuchtige Halde, lässt, ohne Zweifel, Grosses erahnen doch baldig macht sich Wasser breit und die Erkundung endet bei 5.4 Meter unter Haldenboden.

Erzgruben Gotschens

Der Blick ins nasse Tiefblau zeigt klare Stollenweiterverläufe und dies nicht minder wenige, doch wie erwähnt, das Wasser hält sich hartnäckig und, ich glaube, diesem Wasser kann nur mit groben Gerät begegnet werden.

Erzgruben Gotschens

Rundum Eisen feiner Güte wenn doch oft mit Schwefel versetzt was einige Interessante Industriegeschichtliche Aspekte aufwirft.

Der Blick aufs Satellitenbild lässt ganz gewaltig staunen. Bei unserer Befahrung, und diese war äusserst genau, sind uns keinerlei Bohrlöcher begegnet.

Die Nähe zum Septimerpass, genannte 9 Kilometer Luftlinie, lässt für mich einzig den Schluss zu dass dies wuchtige Bergwerk einst Römischer Herrschaft war, 200 Jahre vor Christi, und viel Sklaven beherbergte. Indessen waren die Römer, mit Rennofentechnologie, nicht besonders erfolgreich im Bearbeiten Schwefelhaltiger Erze womit die wissenden Metallurgen hauptsächlich die Erzrosinen aus dem Erzberg jagten.

Doch die Römer waren bei weitem nicht die Einzigen die sich des Erzes bedienten. Die am gleichen Felshang liegende Grotten-Burg Marmels besass bereits um 1200 das Bergregal somit ein Nutzungsrecht für dortige Eisen. Jedoch, auch dies Adelsgeschlecht Marmels, heute Demarmels, und deren Spezialisten war damals nicht übers Rennfeuer hinaus gewachsen. Womit auch sie, wahrscheinlich Tiefbau betreibend, weiterhin Erzrosinen pickten.

Erst moderne Vorbehandlungsmetoden und Verhütungstechnologien um 1700 machte aus Schwefelhaltigem Erz mehr als nur brüchiges Gusseisen. Das grosse Haldenwenden dürfte sein Lauf genommen haben. Als letzte Abbauperiode wird die Zahl 1830 bis 1847 genannt. Damals, so wird berichtet, sollen die Erze im modernen Belaluna-Werk zu Schmiedefähigem Eisen weiter verarbeitet worden sein. Die Bohrlöcher waren folglich nie ein Thema denn wieso im engen Loch teures, schwarzes Pulver verhauen wenns auf der Halde noch Erze für viele weitere Schwerter gab.

Die Erzader, dies erkennt der Gesteinssachverständige auf nen ersten Blick, ich gehör da definitiv nicht dazu, quert den See bis ans gegenüberliegende Ufer.

Stollen unbekannt

An den Erz-Ausbissen, unterhalb der Passstrasse, ein weiterer, äusserst interessanter Fund welcher scheu ein zusammengebrochener Stollen erahnen lässt. Ein durchkriechen zwischen den Felsklötzen wäre durchaus verstellbar. Ich hatte leider, am Standort, mein Geläucht im Auto vergessen womits mal vorläufig bei der Aussenansicht bleibt.

Diese Geschichte ist so was von Spannend dass deren Fortsetzung naheliegt. Ob die Pumpaktion mit viel Logistik tatsächlich zum fliegen kommt ist leider noch offen. Klar ist, fliegen triffts auf den Punkt, ohne Heli oder 500 Sklaven geht da nix. Da nun lange die Aufklärung geschah ist Ersteres einzige Variante um das Wasser aus dem Abbaugesenk zu verbannen.