Monat: März 2022

Von-Rollische Tiefgründe

Wies der Namen vermuten lässt führte mich dieser Ausflug ins tiefste Solothurn in Fortsetzung dortigen Eisen-Macher-Geschichte. Nicht weit meiner kleinen Forschungsexkursion lang das verträumte Dürsteltal welchem ich bereits eine kleine Eisenproduktionsgeschichte widmete. Inzwischen sind einige Jahre, gut und gerne 400 bis 600, ins Land gezogen und die Zeit grosser Aktiengesellschaften erreichte auch Solothurner Täler.

Diesmal führte mich die Spurensuche ins benachbarte Dünnerntal, Zuliefertal wertvoller Bohnerz-Böhnchen aus denen zwischen 1806 und 1874 feinstes Gusseisen verhütet wurde.

Zweifelsohne waren auch vor 1800 fleissige Bergleute am Graben unterwegs. Diverse Schlackenfunde belegen Mittelalterliche wie auch Römische Bergbauaktivität, auch unbestritten. Die Bergleute im 19. Jahrhundert nutzen die letzen Bergbauspuren beim Anlegen neuer Gruben.

Von grösserer Bedeutung im Dünnerntal jedoch wird Ludwig von Roll, mit Gründung der von Roll Eisenwerke, Industriegeschichte schreiben. Gerne wird die Ludwig von Roll Aktiengesellschaft als erste Aktiengesellschaft auf Schweizer Boden genannt ob dem so ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Wie den auch sei, jener Ludwig von Roll betrieb ums frühe 18. Jahrhundert, zwei Hochofenanlagen eine im Balstal Klus und eine in Gänsbrunnen.

Eisenschmelze Klus

Frühe Eisenschmelze Klus Balstal

Die Bergbauspuren aus der von Rollischen Zeitepoche sind Gegenstand einer umfangreichen, im Jahre 1923 verfassten, Bohnerz-Vorkommen-Studie unter der Leitung von Dr. E. Baumberger. Ein Forscher welcher mich bereits am Hungerberg inspirierte. Die Studie beschreibt um 1923 einige grössere Bergwerke denen ich, rund 100 Jahre später, auf den Grund gehen wollte.

Diesem Baumberger verdanke ich einige recht genaue Mundlochpositionen sowohl vom Hungerberg wie auch vom Dünnerntal die mein Spaziergang merklich erleichterten.

Geokarte Baumberger

Mit Hilfe der Geologischen Karte von Dr. Baumberger machte ich mich auf die Suche nach den Bergbauzeugen der Von Roll Epoche. Insbesondere 3 Bergwerke beschreibt Baumberger recht detailiert eines gar mit Grubenplan, diese wären „Im Hohl“, „Bachtalen“ und „Schadenboden“. Alle Mundlöcher will Baumberger gar 1921 leicht aufgespürt haben. In der Siegfriedkarte findet sich die Eintragung „Erzgruben“ alles in allem vielversprechende Indizien um die Gruben aufzuspüren.

Grubenplan Schadenboden

Und mit Hilfe des Grubenplans, aus der Geotechnische Serie Nr 13 Band 1 geklaut, waren weitere wichtige Feldinformationen fix in meine QGIS-Karte integriert.

Karte Laupensdorf

Nun musste ich nur noch fleissig alle Punkte abklappern und auf zahlreiche Stollenfunde hoffen. Meine abgelaufene Route ist als pinke Linie dargestellt.

Luftbild Laupensdorf

Leider indes, zeigt bereits das Luftbild, merkliche Veränderung und kaum merkliche Bergbauspuren.

Schacht Schadenboden

Und auch im Feld ist kaum noch der Schadenbodenschacht auszumachen. Die Landwirtschaftsflächen sind sichtlich abertausend male durch planiert und die Zugänge kaum erahnbar.

Oberhalb meiner Schadenboden-Schachtanlage sind im Boden Fundamentreste eingegraben auch steht ein zigmal verbogener H-Träger herum. Um dies Zeugs zum Bergbau passt ist doch eher anzuzweifeln. 100 Jahre sind definitiv viele Jahre.

Halde Bachtalen

Die Zweite Grube „Bachtalen“ war dank imposanter Halde schnell gefunden doch auch hier fehlte das Mundloch. Klar ist, 1954 beschlossen einige Laupersdorfer den Bau einer Lourdes-Grotte am nahegelegenen Jurafelsen. Der Zufahrtswerg schneidet den Bergwerkszugang. Wahrscheinlich ist dies Mundloch im Zuge der Lourdes-Grotte-Erschliessung komplett weggefegt worden.

Gruben im Hohl

Dritte und letzte Grube meiner Suche hört auf den Namen „Im Hohl“ und ist, auch wieder, nur noch als richtig grosser Haldenkomplex erkennbar. Das Mundloch ist auch wieder dem Erdboden gleichgemacht.

Die Wahrscheinlichkeit irgendwelche Stollen aufzuspüren scheint, im Dünnerntal, ziemlich null bis unternull zu liegen. Indes gibt’s ein grosser Reichtum an Bohnerz-Böhnchen.   

Bohnerz

Ohne nennenswerte Anstrengung fischte ich schnell aus den Halden 4 bis 5 feine Böhnchen bester Qualität.

Und das Fazit, sehr schönes Minengelände, interessantes Industriegeschichtskapitel doch leider alles zu Tode planiert. Auch der kleine Abstecher in die Jurafelsregionen brachte keine älteren Stollen zu Tage.

Die Nachbarsgeschchte Verborgene Eisen im Dürsteltal

Hungerberger Unterwelten

und sonstige mehr oder minder verborgene Geheimnisse

Es ist der Traum jeder Bergbauforscherin, ein Geologischer Atlas voller Mundlochsymbolen. Lange war dieser Hungerberg, nördlich von Aarau gelegen, Objekt unbefriedigter Neugierde.

Historisch sind, weit zurückreichend, sprich die Jahre 1806, Einträge ersichtlich die auf spannendes hindeuten.

Hungerberg 1806

So sinds die diskreten Eintragungen auf der Kantonskarte des Kupferstechers J. J. Scheurmann wie etwa „Eisen Bergwerk“ die immer wieder die Fantasie beflügelten.

Das Wetter war herrlich, die Pandemiescheisse am abklingen und die Arschlöcher in Bern bleibend, ideale Voraussetzungen zur Feldforschung. Trotz minimaler Vorbereitung, nur mit Geocover auf em Tablett wagten wir die Reise ins Feld.

Schneller als gedacht hüpfte uns das allererste Erfolgserlebnis zu Gesichte.

Gipsstollen Hungerberg

Ein vermauertes Mundloch kündigt eine ehemalige Gipsgrube an. Der starke Mundlochverschluss zeugt von Siedlungsnähe. Erste Zweifel über die Aktualität des Geologischen Atlases machen sich breit. Ob noch Stollenmünder zugänglich sind, wird ein Erstes in Frage gestellt trotzdem gibt’s noch einiges zu entdecken und die genauen Karten-Positionen machen die Suche effizient.

Meyerschacht am Hungerberg

Auf dem Hungerberg, wie ich später bei meiner Recherche erfahre am Meyer-Schacht, werden wir fündig. Leider ist dieser Schacht, der mal einst 50m tief reichte, 1 m Wasser und viele Meter Waldboden. Aber, soviel steht fest, ein Relikt aus Zeit des Eisenbergbaus, benannt nach gleichnamigen Exzentriker, Bergbaupionier, Seidenfabrikant und Meyerische-Stollen-Bauer  „Johann Rudolf Meyer“. Eines jedoch scheint klar, wenn die Schächte randvoll Wasser sind, sind die unterhalb liegenden Stollen die einst der Entwässerung dienten, dicht und richtig voll Wasser.  

Trotzdem sind einige sehr interessante Bergbauspuren zu beobachten die einigen Rückschluss auf den damaligen Bergwerksbetrieb zulassen.

Halde Rombachfeld am Hungerberg

Tief im Wald verborgen, am Rande des Rombachbächlis, erheben sich zwei Halden zu mächtiger Aufschüttung. Wie ich später erfahre beginnt an dieser Stelle das grösste aller Grubenfelder, das Rombach-Grubenfeld. Leider sind die dazugehörigen Mundlöchern von Erosion und Strassenbau sichtlich weggefegt.

Mauerreste Meyer-Grubenfeld am Hungerberg

Uns wieder dem Herr Meyer, und dessen Grubenfeld,  zuwendend, sind einzig etwas alte Gemäuer am Privatbesitz-Sonnenhang  zu erkennen. Die alten Stollen, so wills die Karte, liegen mehrheitlich aktuell im tiefem Siedlungsgebiet und sind wahrscheinlich auf ewig verfallen.

Die einzigen Stollen die wir befahren könnten waren kleine, wie anhand des Katasterplans hervorgeht, eher illegal ausgehobene, kleine Sandsteinräume die der Materiallagerung dienten.

Stollen am Hungerberg

Alle diese Bauten liegen im Wald an nicht abgesperrten Privatgrundstücken.  In mitten dieser Stollen findet sich ein kleines, dem Zerfall ausgesetztes Gartenhaus.

Hungerberg

Der Berg rumpelt und das kleine Gebäude, teil einer wuchtigen Villenanlage, zerfällt unter der Last des Berges.

Hungerberg

Und auch wenn im Innern ein gemütlicher Kamin lockt so scheint der Steinschlag keine guten Absichten zu hegen. Der Dachbereich jedenfalls erlitt einige frappante Durchschüsse.

Fazit eines Nachmittags

Die Diskrepanz zwischen einem Geologischen Atlas und Vorgefundenem ist beträchtlich. Indes, soviel glaub ich heute zu wissen, die Mundlocheinträge basieren auf alten Aufnahmen  von Prof. Mühlberg um 1920. Dieser Mühlberg bezog etliche Angaben aus Arbeiten von Dr. E. Baumberger.

Stollen am Hungerberg um 1920

Alleweil verwendet Mühlberg die Siegfriedkarte 1920 zur Eintragung der Bergbauanlagen. Meine hier dargestellte Version bedient sich der Mühlbergischen-Stolleneintragungen mit eben dieser 1920er Siegfriedkarte.

Das weder Herr Mühlberg noch Herr Baumberger die Welt neu durcherkundeten  beweist folgendes Grubenplänchen mit Namen „Grubenfeld auf der Buch“

Grubenfeld auf der Buch

Auf diesem Planwerk ist die Jahreszahl 1862, ein letztes Aufbäumen des damaligen Bergwerksbetriebs, angegeben. Tatsache ist, so richtig was, wo,  wann scheint irgendwie niemand genau zu wissen. Wie ich neigen anderen Forschungsmenschen auch zur Kopie der Kopie der Kopie.  

Geocover Hungerberg

So mags auch nicht weiter zu erstaunen dass zwischen Mundlöcher Geo-Altlas / Geocover und Herr Mühlbergs Stollenmünder eine sichtliche Differenz besteht.

Hungerberg um 1862

Als damals die Bergwerke um 1862 letztes Bohnerz hervorzogen lang die Landschaft im zunehmendem Dornröschenschlaf eines untergehenden Industriestandortes.

Gruben am Hungerberg

Die Besiedlung heute erinnert nur wage an damaliger Industrie. Einzig etwas weniges an Flurnamen deutet auf goldene Zeiten der Eisenproduktion und der damit verbundenen Bohnerzförderung.

Historische Belege deuten auf erste Arbeiten in Jahren um 1400. Im Jahr 1772 oblag die einzige Konzession fürs Gebiet Hungerberg beim Kloster St. Blasien. Es folgen verschiedene kleinere Abbauphasen nach Aufgabe der Konzession durchs Kloster St. Blasien.

Um 1800 werden  Johann Rudolf Meyer von Aarau und Bergwerks-Administrator Gruner von Bern, das Werk auf ihre Kosten fortzusetzen. Bergbauingenieur Johann Rudolf Meyer, exzentrischer Seidenindustrieller, baute unter der Stadt Aarau ein verzweigtes Netz an Wasserhaltungsstollen und legendenträchtiger Geheimgänge ehe sein Hauptinteresse dem Hungerberger Bergbau galt.

Die Gruben wechseln immer wieder die Besitzer bis 1862 vorläufiger Stillstand eintritt. Es werden zwar immer wieder Aufwältigungsarbeiten aufgenommen doch eine eigentliche Bohnerzförderung wird’s ab 1862 keine mehr geben.

Die Gipsgrube indes, am Ende des Erzgrubenwegs angesiedelt, dürfte, vermutet, bis in die 1940 aktiv bestanden haben.