Eisengruben Platenga, tiefgründige Einsichten

Und nochmals führte mich der Weg in Affeierische Untergrunde. Der kleine Ort Affeier, gehörend zur Gemeine Obersaxen, scheint eine wahre Goldgrube zu sein oder, zumindest, dem Namen nach urteilend, an gewissen Stellen, eine ausgewachsene Eisengrube. Wenn doch das Eisenerz, so scheint dieses sich anzufühlen, von grottenschlechter Qualität, kaum über 15% Eisen erreicht.

Doch erstmals zur Geschichte, Eisengruben oberhalb Affeier locken lange bereits neugierige Besucher in felsige Untiefen. Auch mich lockte dies etwas chaotisch wirkende Stollenwerk ins Urgestein.

Mundloch Lisagruabana

Die Mundlöcher, zwei derer, waren einst zu einem Stollenbau verbunden. Heute trennt eine gemauerte Stützwand das Werk in zwei voneinander getrennte Gruben. Der linke Eingang führt in ein beschauliches, mit Kordeln und Geländer ausgestattetes Besucherbergwerk während der rechte Teil ungestüm, Schacht und tieferliegende Sohlen verbirgt.

Für mich klar, der Schacht, Gegenstand meiner ungebremster Neugier. So wie ich, wollte manch Mitforscher den Blick in den Tiefgrund wagen also, eindeutig, ein Fall für mein Pneumatik-Schlaghammer.

Lisagruabana

Obschon Eisenerz als absoluter Feind aller Schlaganker gehandelt wird, fand ich trotz alledem eine feine Stelle welche Platz bot um richtig bissig Schlaganker einzuspannen. Der Weg hinab war mit Seil und Steigausrüstung gesichert. Und obschon uns ein liebeswürdiger Gemeindearbeiter eine Aluminiumleiter zur Verfügung stellte, wollte ich, konventionell übers Seil, erstmals allfällige Gefahren minimieren.

Lisagruabana

Nach getanem Seilabstieg könnte die Aluleiter sicher positioniert werden um die geheimnisvollen Schachtbauten zu erforschen. Der Schacht erschliesst zwei Sohlen welche wild dem Eisenerz folgten und nochmals in weitere zwei Schächte anschliessen.

Lisagruabana

Auch diese Parallelschächte folgen, etwas unorganisiert, etwelchen Eisenerzspuren. Im einten Schacht sind noch deutliche Spuren früherer Arbeitsbühnen sichtbar. An einer Stelle ist noch der Bühnenbalken eingelassen. In den beiden grösseren Schächten waren einst Arbeitsbühnen eingebaut. Die Lager sind noch deutlich an den Schachtwänden wiedererkennbar.

Lisagruabana

Am Schachtboden sind noch Überreste, eher neuzeitlicher, Leiternversuche auffindbar. Einige Kanthölzer am Boden liegend könnten einst den Schachtkopf verdeckt haben. Zusammengenageltes Geäst lässt manch abenteuerliche Steigkonstruktion vermuten. Indes am Schachtboden alles Artefakte aus Jahren um die 1970 bis heute, ergo, da die letzten Bergarbeiter, wahrscheinlich die Gustav Weinmann-Leute, um 1910 die Minen aufgaben, neuzeitliche Experimente mit wenig Bautech-Verständnis.

Lisagruabana

An der untersten Sohle rund 7.4Meter tiefer schliesst nochmals ein Gesenk an welches in östlicher Richtung Tagwärts in einen Versturz fällt. Dieser Versturz beginnt, gemäss Originalgrubenplan aus Staubs Feder, bei Tiefe, ab Hauptstollen gemessen, 11.3 Meter.

Grubenplan Lisagruabana

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Ich habe den Originalgrubenplan von Thomas Staub aus Tagen 10.8.1978 digitalisiert, etwas mit Farbe aufgeblasen und ins Koordinatennetz Swissgrid hineingedrückt. Klar erscheint, der Schacht stimmt ziemlich genau mit der angetroffenen Situation überein. Die südlichen Grubenbereiche indes werfen einige scheue Zweifel auf. Tatsächlich kursiert ein zweiter Grubenplan mit deutlich unterschiedlicher Ausrichtung in bekannter Literatur. Aus meiner Beurteilung heraus liegt mein Vertrauen eher bei Staubs Plan als bei neuzeitlichen Publikationen.

Klar erscheint weiter, einst war das Stollensystem durchgehend. Wahrscheinlich erst nach Staubs Aufzeichnung entstand die Stützmauer welche die Stollen in zwei Gruben teilte. Auch so müssen einst etliche Mundlöcher die Grube erschlossen haben. Einige innen erkundete Verstürze zeigen genau in Richtung Tag. Auch die tiefste Sohle könnte von aussen her erschlossen gewesen sein.

Zum bekannten nordwestlich gelegenem Bergwerk finden sich weitere zwei Stollen im Platengatobel welche noch heute einige interessante Geheimnisse bergen. Die gesamte Grubenanlage solle den Namen Lisagruabana getragen haben. Heute ist einzig die Grube nordwestlich befahrbar, der mittlere Stollen ist, Ofenrohr bestückt, mit einem Stahltor verschlossen, und offensichtlich im Privatbesitz. Die südlich gelegene Grube solle unter der Strassenbrücke am Bach liegen indes mir bis heute unbekannt.

Die Geschichte ist lückenhaft und teils Widersprüchlich.

Genannt wird eine „Societat grischuna“ die sich mit dem Ziel der Erzausbeutung, 1818, aus einflussreichen Leuten, konstituiert.

1826 solle die Bergbaugesellschaft mehrheitlich französischen Unternehmern gehören. Das Eisenerz, immer noch grottenschlecht, wird im Hochofen von Trun verhüttet. Ein Versuch einen weiteren Ofen bei Rueun aufzubauen scheitert an der Finanzierung. Das damals bereitgestellte Eisenerz solle noch heute bei Rueun herumliegen.

1840 machen die Lisagruabana-Unternehmer definitiv Konkurs.

1918 schleichen die Gustav Weinmann-Männer aus Zürich in der Gegend herum und auch die Lisagruabana-Werke rücken in den Focus der Weinmann-Bergmänner. Ein Abbau solle indes zu Weinmanns Zeiten nie stattgefunden haben. Die Gruben verfallen fortan.

Quellen:

PRO SUPERSAXA   –   OBERSAXEN Jahresheft 2013
Grubenplanbasis Thomas Staub

Vorgeschichten Affeier:
Bergbau zu Affeier
Cava da Mettal
Das Geheimnis von Affeier

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