Alaunfabrik Graggental 1776

Eine weitere Geschichte die etwas Licht in die grosse Industrieepoche des 18ten Jahrhunderts rund um den Bristen im Kanton Uri bringen soll.

Diesmal Ziel meiner Erkundung das alte Alaunwerk am Westhang zwischen Intschi und Gurtnellen. Lange her als ich mit meinen Freuden die alte dazugehörige Untertagegrube erforschte. Genau genannt der 7. März des Jahres 2015 als wir in dies totgeglaubte Bergwerk, mit etwas gekonnter Akrobatik und Pickelkraft, einsteigen konnten.

Alaunbergwerk Graggental

Zertrümmerter Eingangsbereich Untertagegrube Alaunwerk (Bild Roger)

Das Bergwerk ist indes nur ein kleiner Teil einer umfangreichen Anlage die dank vorhandener Spuren und des Malers Caspar Wolf recht gut rekonstruierbar ist. Mal mein geologisches Wissen, welches wirklich bescheiden ist, ausklammernd, wage ich, anhand meiner Spaziergänge, die Zeitreise ins Jahr 1776.

Alaunbergwerk Graggental

Grubenplan Mineralienfreund 1/71

Die Untertagerube, mal für meinereins doch eher unorthodox, mit nem entlehnten Grubenplan visualisiert. Die rote Linie zeigt den, meiner Erinnerung nachempfundenem , befahrenem, respektive bekrochenem Bereich.

Alaunbergwerk Graggental

Die Grube ist zu weiten Teilen verfallen wenn doch fast die gesamte Grubenausdehnung nachvollziehbar scheint.

Alaunbergwerk Graggental

Entgegen oft kursierenden Gerüchten, sind die Untertagebereiche doch eher minderer Ausdehnung. So war dieser erkundete Teil vielleicht maximal 30 Meter in den Fels reichend.

Zwar könnten noch weitere Untertagewerke für immer verschollen bleiben doch allzu tief dürften auch diese nicht ins Felsreich geführt haben. Nach nur wenigen Metern scheint der begehrte Alaunschiefer allmählich auszubleiben.

Alaunbergwerk Graggental

Hinzukommend zu mürbe zeigt sich der schieferige Fels an endlichen Stellen. Trotz optimalem Stollenklima schien, anhand noch heute herumliegender Grubenhölzer, der Stützaufwand beträchtlich gewesen zu sein.

Aussagen wonach der Alaunschiefer bis tief unter Reuss-Niveau abgebaut wurde, muss ich entschieden dementieren.

Alaunbergwerk Graggental

Das Nichtgeologenauge trifft noch heute bereits in geringer Felstiefe auf prächtige Kristallausblühungen des damals begehrten Alauns.

Statt tiefer Untertagebauten dürfte indes ein mächtiger Tagebau auf einer Fläche von 100 x 100 Metern den Alaunschiefer offenlegt haben.

Alaunbergwerk Graggental

Heute jedoch sind kaum noch Zeichen eines Tagebaus erkennbar, im Bild, obere Mitte links, der Einstieg ins unterirdische Abbaugebiet. Gegenwärtig wird die Tagebaustelle breit von der alten Gotthardstrasse, Baujahr ca 1830, geschnitten hinzukommend verläuft parallel zur Strasse die Doppelspurbahnlinie der Gotthardbahn, Baujahr 1881 bis 1970, die dem Aluanabbau definitiv den Rest gab.

Alaunwerk Graggental

Nicht unweit, an Gegenseite der alten Landstrasse und der Gotthardbahn, sind noch die alten Stützmauern der damaligen Alaunfabrik erhalten. Die räumliche Position wie auch deren Ausdehnung lässt nur ganz wage die Anlage erahnen wäre nicht Caspar Wolf, Landschafts- und Bergweltmaler, welcher in Öl und Bleistift auf Karton dies Werk um 1776, äusserst ausführlich, dokumentierte.

Alaunwerk Graggental

Bild, Alaunwerk Graggental Caspar Wolf (Quelle: Aargauer Kunsthaus)

Im Bild die Sicht das Reusstal hinunter in Richtung Amsteg, rechts im Hintergrund kleine Windgälle. Auf der linken Bildhälfte die Alaunfabrik mit Sudhaus im Vordergrund. Allererste Frage die zu klären galt, war Caspar Wolf ein Romantiker, wie dies zu jener Zeit, 1735 bis 1783, nicht unüblich war, oder sollte seine hier gezeigte Darstellung tatsächlich, ohne überrissene Übertreibungen, das rekonstruierbare Alaunwerk, in einer tatsächlich existierenden Umgebung, wiedergeben.

Dazu wagte ich nochmalig ein Besuch im abschüssigem Graggental auf weiterer Spurensuche.

Alaunwerk Graggental

Diesmal versuchte ich den Weg, von der Reussbrücke zum Alaunwerk her, welcher Caspar Wolf erkannte und auf seinem Bild in dünner Linie wiedergab, zu rekonstruieren respektive wiederzufinden. Leider indes sind kaum noch erkennbare Wegspuren sichtbar. Zu Zeiten der Gotthardbahnbaustelle ist mächtig viel Schutt von all den benachbarten Tunnelbauten ins Graggental gekippt worden. Trotzdem lässt sich mit etwas Vorstellungskraft, bei Blick aufwärts, eine mögliche Wegspur erahnen. Auf meinem Foto ist zuoberst am Horizontende noch die Stützmauer eines Gebäudes der Alaunfabrik sichtbar.

Alaunwerk Graggental

An der Reuss angekommen ist weit und breit keine Spur einer Brücke sichtbar indes erscheint derer damalige Position einleuchtend und verständlich. Die Reuss, abwärts wie auch aufwärtsfliessend, zwängt sich durch eine enge Schlucht. Nur im Anschluss ans Graggental scheint sowohl der Aufstieg Richtung Ried wie auch auf meiner Seite, Richtung Alaunfabrik denkbar. Am Gegenufer der Reuss steht heute eine wuchtige Schuttstützmauer die den Abraum des Autobahntunnels Baujahr 1974, unter Ried festhält. Der damalige Weg ist folglich auch auf der Reussgegenseite effizient um Schutt vergraben.

Nichts desto trotz weiss Caspar Wolf viel zu Berichten auf seinem Bild was in meiner Vorstellungskraft zur Karte Anno 1776 wurde, also eine Rekonstruktion.

Alaunwerk Graggental

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Das Sichtfeld des Malers Caspar Wolf ist, von steilen Schluchten begrenzt, eindeutig nachvollziehbar. Nicht unweit des Punktes 692’283.0, 178’816.0 könnte sich der aufmerksame Beobachter niedergelassen haben und die Landschaft erstmals mit Bleistift niedergezeichnet haben.

Da gegenwärtig eindeutige Überbleibsel bekannt sind, kann nun die Alaunfabrik platziert werden.

Nicht unweit der Aluanfabrik war um 1740 eine Kupfergrube in Betrieb. Ich berichtete letztens auf „Kupfergrube Graggental eine gewagte Rekonstruktion“ darüber. Diverse Quellen nennen eine Verhütungsanlage an Position der ca. 1760 errichteten Alaunfabrik. Diese Anlage hat wahrscheinlich, bis zur Erschöpfung der Kupfergrube Graggental und der Bleigruppe Knapperen, die gewonnenen Rohstoffe weiterverarbeitet, respektive verhütet.

Nach Aufgabe der beiden Bergwerke könnte an Stelle der damaligen Ofenanlagen die Alaunfabrik entstanden sein.

In der Grube, so glaube ich, hauptsächlich Tagbau (2) wurde Aluanschiefer gebrochen. Ein kleiner Teil des Alauns indes stammte aus Untertagebauten (1). Die Alaungrube lang direkt am Weg zur damaligen Kupfergrube womit so manch einem Bergknappen aus der benachbarten Kupfergrube vielleicht zu Folgejahren die markante Alaun-Gelbfärbung der Felsen auffiel.

Unterhalb der Alaungrube (1) und (2) könnte die überdachte Röstanlage (3) gestanden haben. In diesem Anlageteil wurde das Alaunschiefer zu Meiler geschichtet und mit viel Holz gebrannt. Ich glaube, sowohl die Alaunfabrik wie auch die vorhin domizilierte Schmelze vernichteten Unmengen an benachbartem Wald ansonsten schien das dortige Gebiet, tief unterhalb der Gotthardsaumwege gelegen, doch eher nichturbaner Urwald zu sein.

Die nächste Stufe des Produktionsprozesses benötigte Wasser für grosse Bottiche. Ich vermute ein Wasserkanal (8) welcher das Wasser von der Wasserzapfstelle (9) zu den Laugbottichhäusern (4) führte.

Alaunwerk Graggental

Noch heute ist im Waldboden eine gut verborgene, ausgemauerte und steil abwärtsführende Rutsche auffindbar. Ob einst über diese Rutsche das überflüssige Wasser abfloss oder das Steinüberbleibsel zum Alaun-Reinigungsprozess gehörte, entzieht sich meiner Kenntnis.

Die untersten Bauwerke (5) dienten einst, gemäss Bildinterpretation, als Sudhaus, respektive im Anbau platziert die Becken zur Alaunkristallbildung.

Auch so waren in den untersten Gebäuden Wohnräume und Werkstätten untergebracht. Das grösste Bauwerk, zu (5) gehörend, scheint minimum 2 Vollgeschosse zu beherbergen auch finde ich, im Bild von Caspar Wolf, zwei Kamine, ein grosses für die Verdickungspfannen und ein kleines, für mögliche Wohnbereiche.
Neben dem Haupthaus (5) ist eindeutig ein Nutzgarten (6) erkennbar.
Der Weg könnte einst am Hauptgebäude (5) beginnend über die Reussbrücke (7) nach Ried 693’245.0, 179’360.0 geführt haben.

Die Alaunfabrik, so wird berichtet, wurde 1764 eröffnet und, mangels Rentabilität, nach knapp 25 Jahren wieder aufgegeben. Johann Joseph Anton Jauch solle mit weiteren Teilhabern die Industrieanlage errichtet haben.

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