Noch immer Mühlehorn diesmal vollbespickt mit neuen Erkenntnissen und allmällich wachsendem Markscheiderinnen-Verständnis. Es ist konkret das ehemalige Cementwerk Mühlehorn beim Mülital, von welchem inzwischen einige sehr alte Pläne herumkurven, Objekt immer wieder kursierender Neugierde. Zuletzt nahm ich mich dem schmucken noch vorhandenem Untertagebau im Artikel Mühlehornische Cemente an.
Quelle Staatsarchiv des Kanton Zürich
Einer dieser schönen Pläne kursiert im Staatsarchivs des Kanton Zürichs und zeigt so in etwa die Ansichten um 1860. Inzwischen wuchs das Werk Untertage wie Auftage an bis am 8. und am 10. November 1924 ein Felssturz die Anlagen schwerwiegend vernichtete. Trotzdem sind noch heute einige Untertageanlagen fahrbar und Einiges ist fragmentweise über den Bau bekannt. So sollen zuletzt am Ende des Betriebs 9 Stollen in den Berg geführt haben. Bis anhin jedoch war uns einzig das Westwerk mit bescheidenen 5 Stollenarmen bekannt. Des Zufalls Willen entdeckte ich ein weitere Eingang beim Vermessen der Umgebung.
Dieser Eingang, mit gleicher Schlosstechnik versehen, lässt den neugierigen Wanderer mittels Torx T30 Schraubendreher in deren Geheimnisse blicken.
Sepp und ich waren neulich dortig zur genaueren Betrachtung der Unterwelten unterwegs. Abgesehen von ganz schönen Fotos blieb auch etwas Zeit um uns der Markscheiderei mit DistoX2 und Topodroid hinzugeben.
Unterschiedlich zum Westwerk sind im Ostwerk lauter eher kleinere Seen in verstürzten Untertagegängen entstanden. In Richtung Westwerk nimmt die Versturzintensität tendenziell zu.
Dieser prächtig tiefblaue Stollensee könnte der Duchgang zum, bis 1924 zusammenhängendem, Westteil gewesen sein. Da wir die Gegenseite kennen besteht Gewissheit, Weder Tech-Taucher noch Kampfforellen werden je mittels Wasserschwum das Westbergwerk erreichen.
Die Stollen sind teils in stattlicher Profilhöhe von bis zu 10 Metern ausgeführt, Teilweise sind diese jedoch wieder etwas mit Material aufgefüllt.
Wasser und rege Kalk bildete eine harte Sinterschicht über die ausgedehnten, liegengebliebenen Materialflächen. Im Unterschied zur Westhaue ist in dieser Zone ein noch intakter Pfeilerabbau beobachtbar.
Ohnehin scheint auch hier Wasser allgegenwärtig, was zu aussergewöhnlichen, nicht immer eindeutig physikalisch erklärbaren Fotoeffekten führt. Böse Zungen wären vielleicht gar geneigt zu behaupten der Spuk täte hier sein Unwesen. Das hin und wieder schlagende Glockengeräusch einer englischen Standuhr indes stammt eindeutig von einem Wassertropfen welcher periodisch ein gut gefedertes Blechdächlein trifft.
Auch in diesem Stollensystem sind die, bereits bekannten, altertümlich anmutenden Messapparaturen eingebaut. Das Hammerwerk der englischen Standuhr stammt von solch einer Apparatur die, mit Miniblechdach ausgestattet, begehrtes Ziel für herunterfallende Wassertropfen ist.
Der östlichste Stollenarm, Nummer 9, von Westen her zählend, ist noch in tadellosem Zustand. Eine kleine Holzbrücke eher neueren Datums hilft zur bequemem Befahrung. Indes aus längst vergangenen Tagen liegt eine Kipplore, als Brückenlager amtend, Kopfstehend am Boden. Das Gerät stammt eindeutig aus Anno-Domini 1890irgenwas als noch so ziemlich jede Metallverbindung im Nietverfahren ausgeführt wurde.
Am Stollenende findet sich ein Zapfen in der Decke, 8 Meter über Kopf, welcher auch so, doch eher sehr alt sein dürfte. Dies Holzwerk, so vermuten wir, solle einst ein Einbruch gestoppt haben. Auf Plänen von 1888 sind auch so merkwürdige Gebilde dargestellt die, bei Studium dieses Exemplars, durchaus, in zeichnerischer Form, Sinn machen. Tatsache ist, die Holzkonstruktion hält noch im 2016 und hält zumindest sich selbst. Die weiteren Zeichnerisch dargestellten Holzdinger liegen eindeutig im gegenwärtigem Versturzteil.
Im Stollen 9, diesmal Tagwärts, findet sich an der verstürzten Mundlochverengung ein interessantes Zementrohr welches wohl eine Entwässerungsfunktion inne haben muss.
Ausserhalb, nie vorherig aufgefallen, nochmals 4 solcher Exemplare. Es scheint erwiesen, nach dem verehrenden Felssturz um 1924 wurde versucht, mit viel Aufwand, dies Bergwerk doch noch zu retten. Infolge dürften die Zementröhren durch die Versturzmassen eingebaut worden sein. Untertage ist nur noch die einte Röhre im Stollen 9, der östlichste Stollen, eindeutig erkennbar alle anderen müssen wohl oder übel unter der Versturzmasse liegen.
Die Bergwerksanlage wie auch das Zementwerk wird oft im Zusammenhang mit den Schweizerischen Bundesbahnen genannt. Die Pläne aus Tage um den November 1888 sind auch so mit Schweizer Bundesbahnen signiert hinzukommend war Hauptopfer des Felssturzes die Bahnlinie welche 4 Monate unterbrochen blieb da diese auf heutigem Autobahntrasse A3 verlief. Die SSB dürfte demzufolge auch so aktuell mögliche Felsverschiebungen, mittels alten und neuen Apparaturen, periodisch prüfen. Der Kerzerbergbahntunnel ist rund 72 Meter von tiefster Stollenbrust entfernt.
Doch abgesehenen von schönen Fotos und allerlei historischen Hintergründen gabs auch einige Markscheiderische Erkenntnisse so etwa ein sauber herausgepützelter Grubengrundriss stand Frühling 2016.
Ursprung des Grubenplans war eine Handübung in DistoX2 von Beat Heeb und den Topodroiden von Marco Corvi
Die Handhabung der Messtools ist bis anhin nur spärlich in unser Bergbauforschendes Wissen eingeflossen. Darum, eine exzellente Gelegenheit, in Erzloser Umgebung, etwas drauflos zu vermessen. Die einte Gruppe, Matti und Sepp, nahm sich vor einiger Zeit des Westftlügels an, wir, Sepp und ich plagten die Ostseite scheu mit den Laserschwertern in Gestalt der umgebauten Leica-Distos. Zeichnerisch setzte ich mich hinters Visio und machte aus den Daten ein schöner Plan.
Plan gross machen, Plan anklicken.
Im Westwerk stand als Grundlage der SSB Plan von 1888 Pate, die roten Stollenflächen sind eindeutige Stollen. Im Ostteil stand mein Erinnerungsvermögen, Stand März 2016, Pate, rote Stollenflächen sind hier eindeutig vermessene Stollen.
Meine besten Zeichnungsresultate gelangen mir mittels Export in PNG und Nur-Text wie folgt.
Die Vermessungsdaten und meine Skizze aus dem Samsun-Tablett welche ich, im Topodroiden vor Ort, erarbeitete, saugte ich in Form der PNG-Grafik und in Form einer Nur-Text-Datei herunter.
Die PNG-Grafik ergab Massstabsgetreu im Visio Positioniert eine passable Zeichnungsgrundlage.
Die reinen Messdaten wiederum musste ich in Horizontal-Vertikal-Werte berechnen ehe mittels diesen ein schöner Grundriss wachsen konnte. Dazu bediente ich mich der längst vergessenen Trigonometrie.
In eine Exeltabelle gepappt und intensiv beformelt sah die Sache in etwa so aus. Falls sich ein fleissiger Markscheider, fleissige Markscheiderin, einst, so wie ich, mit längs vergessener Trigonometrie und grossem MS-Exel-Unverständnis konfrontiert sieht, die Tabelle mit den Formeln darf gerne auf Mühlehorn_data.xlsx heruntergeladen werden.
Die Plausibilisierung des Westteils sah im Plan recht passabel aus. Mögliche Fehler waren gering und liessen sich mit der Tabelle exakt korrigieren.
Alles in allem, DistoX2 und Topodroid sind ein sauber aufeinander abgestimmtes Dreamteam. Die Kalibrierung des DistoX2 indessen verlangt einiges an Geduld und Akrobatik. Der genauer beschriebene Kalibriervorgang ist auf der Seite des hoehlenverein-blaubeuren.de zu finden.
Was auch nicht ohne ist, die Handhabung sollte etwas geübt werden ehe die Markscheiderei in nicht so magnetisch koschere Hauen zum Einsatz kommt.
Die Links nochmals:
DistoX2 von Beat Heeb
Topodroid von Marco Corvi
Exeltabelle von Luisa Mühlehorn_data.xlsx
Kalibriervorgang auf der Seite vom hoehlenverein-blaubeuren.de
Und die Vorbeiträge zum Thema:
Steinbruch Schnür Part II
Steinbruch Schnür
Die Suche nach verschollenen Zementern
Mühlehornische Cemente
Spannender Beitrag! Merci! Hätte mir früher nie gedacht, dass oberhalb des Weges noch Stollen zu finden sind. Vor allem, weil der Weg dorthin auf den ersten Blick etwas fehl am Platz erscheint.
Falls hier jemand noch Infos zum Zugang sucht, möchte ich hier ein Update geben. Die dazumal überbrückbaren Türen wurden unüberbrückbar gemacht. Es handelt sich nun um massive Stahlkontruktionen.
Hoi Konstantin
Danke zu Deinem Kommentar.
Zu Zeiten der Zementfabrik sah das Gelände komplett anders aus. Die Stollen waren vom Hauptsilo her zugänglich. Der Weg ist neueren Datums, in direktem Zusammenhang dem Felssturz, zur Aufwältigung der noch vorhandenen Bauten angelegt worden.
Die Gitter scheinen leider allmählich in Mode zu kommen. Der Schlüssel lagert in der Strassenmeisterei Wesen (ASTRA). In der Vergangenheit haben wir hin und wieder, je nachdem wer frage, den Schlüssel ausgehändigt bekommen.
Ob dies heute noch so locker gehandhabt wird mag ich indes bezweifeln.
Ich bin mal hoffnungsvoll und vertraue auf eine neugierige Dorfjugend.
Liebs Grüessli
Luisa