Oder, der Geologe der nie log
Eine Siglisfadgrätli- Fortsetzung der hier niedergelegten Vorgeschichte Längst verwelkte Eisen. Siglisfadgrätli, vorweg eine kleine Passhöhe zwischen dem Gornertal und der Intschialp ob Intschi im Kanton Uri
Wie schon beim ersten Ausflug vermöchte auch diesmal die Landschaft, in voller Pracht, zu überzeugen. Diesmal bei ins Herbstgelb getauchte Wiesen, war der Blick aufs Siglisfadgrätli eindeutig nicht minder beeindruckend.
Die 7 Kilometer Distanz a 1 Kilometer Höhenunterschied taten wir uns zu Dritt, Roger unser Geologieexperte, Tanja und ich, an. Nach erstmaliger Befahrung der Stollenanlage und der Erkundung des Industrieareals war damals die Neugierde geweckt und die Fragen noch Zahlreicher. Mein Mineralogie-Unverständnis konnte auch so die Frage des getätigten Abbaus nicht richtig klären. Meine bis anhin gehegte Orientierung beruhte aufs Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, genannte Strecke UR 1064. Das Astra nennt auf der Passhöhe Siglisfadgrätli im Foto linksseitig ein Eisenbergwerk. Auf der Passhöhe indes keine Spur einer Industrielandschaft.
Stattdessen liegt auf einem Hochplateau, 2250 müm, nordöstlich der Passhöhe, eine grosse Bergbauanlage die ich anfänglich, mich aufs Bundesinventar der historischen Verkehrswege verlassend, als Eisenbergwerk taxierte und da ich weder vor dem, einzigen noch erhaltenem, Stollen noch im Stollen selber, irgendwelche Mineralien zu erkennen glaubte war, trotz historischer Wiedersprüche, mein irrtümlicher Stempel aufgedrückt. So konnte mich weder Lavater, welcher die Anlagen um 1748 besucht haben solle, noch sonstige Bergbauexponenten eines Korrekteren überzeugen.
Erst der gezielte Schlag auf, vor dem Mundloch liegende, Steine und die scharfen Augen von Roger brauchten Eindeutiges zu Tage. Das Bergwerk förderte Bleiglanz auch genannt Galenit, alle weiteren Behauptungen sind schlicht falsch.
Noch peinlicher, zu Ungunsten meines Geologieverständnisses, wo ich die Schmiede richtig vermutete, liegt zentnerweise gepochtes Bleiglanzkies. Auch dieser Reichtum war mir bei erster Erkundung schlicht weitläufig entgangen. Nun ergibt sich ein ganz neues interessantes Bild der damaligen Verhältnisse. In der Schmiede könnte ein Handbetriebenes Pochgerät gestanden haben. Es liegt verhältnismässig viel gleichmässig gehauenes Bleiglanzkies herum. Nahe dem Mundloch, an Stelle wo die Vegetation gänzlich aussetzt, auf 688’164.2, 179’212.6, wurde einst das Erz ausgesondert. Auch an dieser Stelle findet unser Mineraloge reichlich Bleiglanz. Die Worte vom Apotheker Lavater aus Jahren 1748 gewinnen, trotz einer oftmals etwas übertriebenen Dramaturgie, stetig an Glaubhaftigkeit.
Und genau dieser Lavater beschreibt den, heute noch einzigen offenen, Stollen als Tunnel welcher den gesamten Erzstock durchqueren solle.
Leider jedoch ist bald, nach rund 15 Meter, ein unüberwindbarer Versturz im Stollen. Da wir jedoch an Lavater glaubend, Schaufel und Schlagwerkzeug mithatten, machten wir uns, an einer vielversprechenden Stelle, am Schuttkegel zu schaffen.
Schnell waren doch beachtliche Mengen Material im Gefälle verschoben obschon unser Vortrieb leider rund 4 Meter über Schienenhöhe erfolgte. Das Bauwerk scheint nach Westen abzudrehen was die Hoffnung eines möglichen Durchstichst nährt. Der Schuttkegel drückt eindeutig aus östlicher Himmelsrichtung.
Zeitgleich macht sich Roger ans Gegenende des Bleiglanzgangs. Diese Stelle, westlich des Bergwerks gelegen, wird zu Zeiten des zweiten Weltkriegs durchs Büro für Bergbau genauer untersucht . Bereits damals finden die Männer keine Spur eines Stollens, respektive eines Tunnels, trotzdem wäre genau diese Stelle naheliegend fürs Gegenende des von Lavater beschriebenen Tunnels. Indessen ist die Stelle längst bekannt als Galenitabbau und auch die 1943 geführte Untersuchung zeigt reiche Anteile an Bleiglanz also eine eindeutig vielversprechende Stelle.
Doch wir drei waren nicht mit grossen Sensationen beschenkt. Weder fand Roger die Stelle noch schafften wir den Durchbruch. Uns, Tanja und mir, wurde die Tatsache der 4 Meter über Schienenhöhe zum grössten Hindernis. An der aufgewältigten Stelle sank das Stollendach, nach einem Meter Vortrieb, abrupt und steil ab. Ein erhofftes durchrieseln des Gerölls in die Tunnelfortsetzung blieb aus und obschon ein leichter Luftzug erahnbar war, gaben wir die Arbeit auf. Um einen Durchbruch zu ermöglichen ohne die Arbeitsfläche zu verstellen, müssten minimal 6 Kubikmeter zu Tage gefördert werden. Hierbei indes steht das nächste Hindernis, eines sehr engen Mundlochs, an.
Trotzdem ergeben sich einige interessante Fakten zu diesem Siglisfad-Mysterium
Satellitenbildquelle https://map.geo.admin.ch
Die, vom Büro für Bergbau untersuchte, Vererzung westlich des Bergwerks ist bekannt und im Satellitenbild blau markiert. Der Stollen dreht, soweit erkennbar, ziemlich bald nach Westen und scheint fast an die Vererzung zu zeigen. Der Stollenverlauf, respektive der Tunnelverlauf, als rote Linie markiert, misst eine Nominallänge von 378 Meter. Dies mag zwar für damalige Verhältnisse, Bergwerksaufgabe um 1810, viel sein doch, Vergleichbar Gnadensonne in Trachsellauenen, durchaus realistisch. Lavater beschreibt ein Stollen welcher den ganzen Berg durchquert was dieser Linie etwa entsprechen täte.
Satellitenbildquelle https://map.geo.admin.ch
Die aktuelle Situationsansicht, gross machen, Bild anklicken, zeigt die neusten Erkenntnisse. Der Stollen anfänglich einer Verwerfung folgend, wissen wir heute, dreht bald in westliche Richtung. Auf dem Bergbaurevier sind weitere Abbauspuren nordwestlich des Hauptwerks erkennbar. Der Erzgang verläuft wahrscheinlich fast senkrecht vom Südost nach Nordwest wobei dieser gegen Ende die Richtung Ost zu West einschlägt. Das Werksgelände befindet sich auf einem Plateau welches durch Absenkung entstanden ist folglich ist der gewachsene Fels in welchem der Stollen sitzt, äusserst brüchig. Die ursprüngliche Förderstrecke könnte an vielen weiteren Stellen verbrochen sein. Tatsache ist, kurz nach Mundloch steigt das Stollendach bei zunehmender Breite auf 6 bis 7 Meter an, nur ein kleiner Schlitz dürfte vom Abbau herrühren alles weitere ist gekracht und versperrt heute den Durchgang.
Am Siglisfadgrätli indes gibt’s keinerlei Indizien die auf Bergbau schliessen liessen. Auch der Historische Wegverlauf gemäss Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz, genannte Strecke UR 1064, ist nicht über jeden Zweifel erhaben.
Alleweil trotz nicht allzu spektakulären Entdeckungen ein äusserst Aufschlussreicher Tag welcher viele Fragen zu klären wusste und, nicht minder wichtig, eine irreschöne, äusserst sportliche Wanderung ins Intschital Uri.
Die Vorgeschichte, damals noch, meiner Meinung nach, ein Eisenbergwerk
Längst verwelkte Eisen
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