Kupfergrube Graggental eine gewagte Rekonstruktion

Es ranken sich diverse haarsträubenden Legenden ums kleine Bergwerk ob Intschi im Kanton Uri.

Kupferbergwerk Graggental

Grosser Abbauschacht Kupfergrube (Bild Matti)

Eine grosse Unbekannte fand nun Auflösung neuliches Wochenende. Genannt hierbei die Distanz zwischen dem unterem Stollen und oberer Grubenanlage, ein Wert der in allen Variationen immer wieder rege Spekulationen generierte. Auch ein Wert welcher bezüglich des Verständnisses damaliger Bergbauverhältnisse durchaus von grosser Relevanz erscheint.

Distomessung im Graggental

Moderne Technik in Kombination mit klassischem Messband machts möglich. Mittels Laserdisto X310 und einen Fotostativ kann die Höhendifferenz, deutlich bequemer als mit herkömmlichem Theodoliten, ermittelt werden.

Distomessung im Graggental

Ich peilte mich von oberen Mundlochdach her kommend, von Baum zu Baum, bis ich das untere Mundloch erreichte.

Distomessung im Graggental

Entstanden ist somit eine richtig bunte Zeichnung welche meine vier Peilpunkte wiedergibt. In anschliessender Aktion spannte ich ein Messband 1.2m vom oberem Mundloch entfernt auf direktem Wege zum unteren Mundloch. Das Messband liegt am Felsen zu, die ersten 8 Meter, fast waagrecht. Die kommenden 15 Meter indes versank das Messband steil abwärts zum unteren Mundloch, also auf 23 Meter endend.

Das Fazit nun aus meiner Messtätigkeit,

Stollen Kupfergrube Graggental

der untere Stollen, blind 7 Meter in den Fels getrieben, liegt 12 Meter tiefer als

Stollen Kupfergrube Graggental

der obere Kupfergruben-Zugangsstollen.

Seigeransicht Grube Graggental

In der Seigeransicht ergibt die Messung ein, mit bis anhin gemachten Beobachtungen, korrespondierendes Bild. Ich weiss indes bis heute nicht wie weit sich der Abbauschacht im Untergrund ausdehnte. Westflanke wie Ostflanke sind versetzt ergo bleibt der gewachsene Fels weiterhin verborgen. Somit ist die nominale Entfernung zwischen Kupfergrube und Stollenbrust des unteren Stollenwerks unbekannt. Maximalwert ist 20 Meter, Minimalwert könnte wenige Meter sein.

Eines jedoch erscheint nun ziemlich sicher, die Hauptgrube ist nicht allewelt tief. Zu den gemessenen 14 Metern könnten maximal noch 2 Metern unter dem Schutt folgen. Der dicke eingelassene Holzstamm auf Höhe rund 12.5 Meter unter Mundloch ist kein Indiz für unendliche Tiefen. Viel eher war dieser die Vorbereitung des untersten Strossenbaus.

Seigeransicht Grube Graggental

Die rechtwinkliche Schnittansicht zeigt den, sich in der Tiefe allmählich verengende, Abbauschacht. Der untere Stollen hätte nicht, wie anfänglich, geglaubt den Schacht an tiefster Stelle angefahren, sondern irgendwo knapp oberhalb des Schachtbodens. Streng genommen wäre somit der untere Stollen kein Erbstollen sondern ein irgendwo zwischendrin liegende Förderstollen als Ersatz für die eher umständliche Förderroute über den oberen Stollen respektive über die Tagesspalte hinaus.

Kupfergrube Graggental

Der Vollständigkeitshalber an dieser Stelle noch der mehr oder minder aktuelle Grundriss im Original von Jean Pierre Jenni

Geschichtliches

Eine ausführliche Beschreibung der Kupfergrube Graggental lieferte der Apotheker Mathias Lavater am Vortrag vor der neu gegründeten Naturforschenden Gesellschaft Zürich im Jahre 1748. Lavater besuchte die Grube 1744 als diese noch im Betrieb war.

Genannt werden die Herren Scolar (Urner Magistraten Familie), Landvogt Johannes Franz und sein Sohn. Sie sollen die Grube in letzten Zügen um 1735 betrieben haben auch aus deren Unternehmertum solle eine Schmelze nahe der Reuss, an Stelle der späteren Alaunfabrik, und die Bergbausiedlung oberhalb der Grube.

Die Grube könnte so um 1600 oder früher entstanden sein. Mehrheitlich jedoch lieferte diese nur mangelnde Erträge was zu immer wiederkehrenden Betriebsunterbrüchen führte.

1750 solle das definitive Aus erfolgt sein. Indes wird in Lavaters Niederschriften mit keinem Worte den unteren Stollen genannt ergo könnte dieses Werk nach 1744 entstanden sein. Vielleicht wurde der Stollen lange nach 1750 getrieben und nach knappen 7 Metern wieder aufgegeben.

Bei meiner Messtätigkeit tat ich den Weg mittels meinem Garmin GPS aufzeichnen.

Karte Grube Graggental

Der Track zeigt mein kurzer Fussmarsch nach, dieser vom Parkplatz wo mein Auto wartete bis zur Kupfergrube, oberes Mundloch. Abgesehen von den üblichen GPS-Ungenauigkeiten (+-10 m) ist mein Weg ganz gut wiedergegeben.

Karte Grube Graggental 1881

Mein gleicher Weg im Jahre 1881 führt mich über die Wiese an einer Häusergruppe vorbei. Der damalige Weg kreuze meine Route an Stelle der Häusergruppe welcher entlang der besagten Bauten steil Nordwesten steigt. Dieser Weg führt nahe der Grube östlich davon, bis zur ehemaligen Bergbausiedlung oberhalb der Grube. Die Bergbausiedlung indes ist in der Karte von 1881 nicht mehr eingezeichnet. Die Schmelze solle an Stelle der später errichteten und heute bereits verfallene Alauanfabrik gestanden haben. Solch ein Alaunfabrikgebäude könnte auf der 1881er Karte, unten rechts, am Ufer der Reuss sichtbar sein. Damals um 1750 stand weder die Eisenbahnlinie noch die breite Gotthardstrasse. Beide Bauwerke könnten um 1881 massiven Einfluss auf die damaligen Industriezeugen gehabt haben.

Aber, auch ich glaube,

das Alaunwerk welches etwa in Position der Gotthardbahnlinie bis Reussufer stand, wurde auf den Fundamenten einer früheren Kupfer und Silberschmelze gebaut. Es gibt Gerüchte wonach eine Brücke beim Alaunwerk über die Reuss führte. Diese Aussage ist indes ganz und gar nicht greifbar. Die Reuss ist ein wilder Fluss. Eine Vorrichtung um dieses Wildwasser zu queren hätte zweifelsohne Spuren hinterlassen.

Alleweil ist die Geschichte längst nicht zu Ende erzählt und ich erkenne das ich auch heute nicht annähernd die Vergangeheit aufdecken kann.

Somit, diese Geschichte wird Fortgesetzt.

Quellen:
Erstes Bild, Matti

Grubenplangrundlage, Jean Pierre Jenni

Texte,
Ueli Wenger Bergbau im Kt. Uri
Ueli Wenger Mathias Lavater hält 1748 vor der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich ein Vortrag

Vorbeiträge:
Grube Graggental
Kupfer und Silbergrube Graggental Update
Geheimnisvolle Graggener Kupferminen
Grube Stuben
Bleibergwerk Gemsegg

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