Monat: September 2013

Abtrünniges Engadin

Oder die wohl heute in die Jahre gekommene Befestigungslinie an Orte des globalen Uninteresses.

Es war wieder einst ein Wochenende ohne Stollen und doch trieb mich magisch die Neugierde in solch hohe Bündner Gefilde. Anfänglich genussvoll schlürften wir, meine Holde und ich, an Monsteiner Weizen, anschliessend sollte das Essen nicht lange auf sich warten und nach gefülltem Magen war der längst vermisste Pass des Albulas gewünschtes Reiseziel unser beiden.

Christina

Auf der Fahrt dort inne das scharfe Auge meiner Liebsten die Steine in eigenartig geordnet militärischer Formation erkennt.

Geschützbunker Albula

Die genaue Analyse zeigt Eindeutiges, hinter den Hauptverlesen-formierten Steinen verbargen sich einst schwere MGs. Deren 3 plus Beobachterluke vermute ich hinter schwerer Panzerung.

A7660 Infanteriebunker

Die geordneten Felsbrocken lassen sich mittels Seilzug genauso geordnet anheben und,  wie genannt, dahinter, hinter fetter Panzerung, die Geschützstellungen.

Auf  782515 / 161417 / 2222 m sollte einst aus allen Rohren gefeuert werden.

Albulapass

Der Blick des damaligen Infanteristen neigt geradewegs ins Albulapässchen.

Nicht minder interessant  die Hinteransichten des Bunkerkolosses . Auch hier sei höchste Kunst in Tarnung und Aussehen gesetzt worden.

A7660 Infanteriebunker

Hinter Felsfarbene Türe findet sich der Einstieg ins Geheimnis und da geschlossen obliess ich des Hausfriedensbruchs stattdessen sande ich den Fotoautomat aus Erkundungsmission.

A7660 Infanteriebunker

Hinter den zwei Steinverzierten Türen, durch ein schmaler Spalt fotografiert, zeigt sich der Einstieg ins Geschützreich.

Wer nun glaubt dies sei einziges Drohnenfutter täuscht. In näherer Umgebung sind einige Spuren übereifriger Infanteristen auffindbar. Etwa zwischen Strasse und Wanderweg  zu finden verstürzte Schützengräben.

Felsenwerk Albula

Hoch oben in den Hängen des Albulatals thront eine weitere Stellung, annehmend ein einsames Rak, auf 782725 / 161650 / 2293.4 m oder gar zweiter Beobachter. Ob dieser Posten wie auch die gesamte Stellungsanlage das geteilte Graubünden vor möglichen Angriffen schützt, tue ich heute ernsthaft anzweifeln.

Diese Relikte stammen aus längst verschollenen Tagen grossflächiger Panzeroffensiven. Heute wagt sich kaum schweres Menschengefahrenes Geballer über die unwirkliche Steinwüste des Albulapasses. Nicht mal abtrünnige Engadiner  wären gelüstet die hinter liegende Schweiz zu attackieren.

Einzig bleibt uns Verrückten interessantes Studienobjekt für kommende Ausflüge.

Mehr zur Festung:
Albula bei Festung Oberland

Wirklich relevanter Link:
Festung Oberland

Guppenalp, keine Seeungeheuer

Am Geburtstag, den meinigen, 17.8.2013, dürfte ich eines der letzten Geheimnisse vergangener Bubenerzählungen definitiv klären. Es nennt sich dieses, die Erkundung der Guppenalpstollen durch einige Schwändibuben im Jahre 1920.

Doch ehe ich mich dem Bubenerzählungen aus 20-erjahre zuwende erstmalig der Beginn dieser Guppenalpgeschichte folgend.

Es trafen sich zur Erkundung Vater und Sohne Keller, Gina und mein Persönchen zur Befahrung  der noch offenen Guppenalpgeheimnisse. So war sowohl Matti wie auch Vater Hansjürg die Haupteisenerzgrube  bis anhin immer verborgen geblieben. Ich wiederum kannte zwar diese indes war mir das am Wanderweg gelegene Stollenwerk zur Befahrung, ohne Schaufelwerkzeug,  definitiv zu eng. Am Tage meines Wiegefestes war sowohl das Knowhow wie auch die Ausrüstung für die Erforschung dieser Geheimnisse perfekt.

Damals im Jahre 1989 solle die Familie Keller den engen Stollen, ich nenne diesen Grube 4 bis zur Versturzstelle nach 12m befahren haben.

Matti Keller

Matthias Keller im Stollen 4 dies im Jahre 1989. Bild Familie Keller

In diesem, mir noch gänzlich unbekanntem, Stollenwerk vermute ich die 300 Meter Gänge welche Buben im Jahre 1920 entdeckt haben sollen. Jahre später berichtet ein Kaspar Zimmermann, der Erste, über vermutete Seeungeheuer und sonstige Bubenabenteuer.

Nochmals Jahre später schreibt, sinnigerweise auch ein Kaspar Zimmermann, eben der Zweite, über die Stollenwerke. Lange sorgte deren Stollennummerierung für unlösbare Konfusion. Heute nun ist einiges geklärt und die Nummerierung  erscheint weiterfolgend einleuchtend darum die Übersicht nach Kaspar Zimmermann-Nummernregel.

Guppenalp Bergwerke

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Die Nummerierung beginnt im Westen mit Nummer 1 und endet im Osten mit, nach Zimmermann dem Zweiten, bei der 3ten Grube. Ich folge dieser Nummernlogik und definierte Grube 4 und Grube 5 wovon Grube 5 wahrscheinlich einzig eine kleine Schürfstelle war. Indes ist Grube 4, nach erfolgreicher Erforschung am 17.8.2013, von durchaus nennenswerter Grösse und hauptsächlich archäologisch beachtenswert.

Im Seigeriss sieht das 1560 stillgelegte Eisenerzgrubenareal folgend aus.

Seigerriss Gruben Guppenalp

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Allererst jedoch waren wir zu viert im Hauptwerk Grube 3 unterwegs. Dies Werk fand bereits in früheren Luisischen Publikationen nähere Erwähnung unter anderem auf Das Geheimnis des Isenbergs darum hier nur kurz darüber berichtend.

Grube 3 Guppenalp

Obschon das Mundloch zu diesem Bergwerk stattliche Grösse aufweist ist deren Auffinden keineswegs leichte Sache. Der Stollen befindet sich im mitten des tiefsten Schweizer Urwaldes zwischen Felswänden und steilen Abhängen am Isenberg.

Grube 3 Guppenalp

Das Hauptbergwerk neigt, rund 25 Grad fallend, etwa 100 Meter in den Berg hinein. Nach anfänglich engen Versatzgefühlten Räumen, weiten sich die Abbauhallen.

Grube 3 Guppenalp

(Bild Matti Keller)

Im Innern dieser Hallen finden sich teils sehr gut erhaltene Holzeinbauten.

Auch erwähnenswert die mit Spuntwänden verschachtelten Abbauzonen zuunterst im Westteil des Systems.  Indes der damalig von mir beschriebene See war bei dieser aktuellen Befahrung inzwischen ausgetrocknet.

Jedoch Konfusion des höheren Kalibers bietet immer wieder die Fülle an herumgeisternden  Grubenplänen. Auch mein 3D-Empfinden machte in dieser Grube laufmeterweise, kaum verständliche, Kapriolen.

Grubenplan Minaria Helvetica

(Grubenplan, Quelle Original Minaria Helvetica)

Die Schweizerische Gesellschaft für historische Bergbauforschung will die Grube 3 einst vermessen haben doch deren Grubenplan befriedigt mich nur mässig. Insbesondere das fehlen umfangreicher, wichtiger Details macht die Zeichnung eher unverständlich. Vermutlich sind detailgetreuere Aufnahmen, wie oftmals, irgendwo tief in persönliche Archive eingeschlossen. Die im Minaria Helvetica publizierte Fassung jedoch ist, meiner Meinung nach, von minderer Aussagekraft.

Ich machte mir ein Destillat aus mir bekannten Erkenntnissen und der ungefähren Skizze  des Minaria Helvetica-Grubenplans. Massgeblich hierbei,

Die tendenzielle Richtung wie auch die Längenproportionen leuchten ein.

Im oberen Teil ist allerlei Versatzt verbaut, ich betrachte die Stollenverläufe als Glaubhaft da die  Schweizerische Gesellschaft für historische Bergbauforschung durchaus saubere Arbeit abliefert.

Indes meine Korrekturen gründen auf

Seitenstollen empfand ich als deutlich länger. Möglich das Seitenarme nicht näher vermessen wurden. Ich ergänzte  hierbei einige Stollenverläufe.

Das Innenleben, die Innenausstattung wie Holzeinbauten und Versatzwände, stammt aus meiner Feder, respektive aus meiner Erinnerung.

Grube 3 Guppenalp

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Nach wie vor jedoch bleiben einige Fragezeichen die ich aus Originalplan als bekannt annehme.

Grube 4

Mit grossem Interesse begab ich mich indes in die Grube 4. Ich glaubte lange das dieses Bergwerk die Schwändibuben 1920 aufsuchten und deren Fantasie förmlich aus allen Nähten platze. Jahre später tauchen Stollenlängen von 300 Meter auf, auch solle von Seen und darin lebenden Ungeheuern erzählt worden sein.

Im Jahre 1989 bestieg Bube Mattias Keller, siehe oberstes Bild, den Stollen und erwähnte einen eventuell überwindbaren Versturz nach 12 Metern.

Nun am 17.8.2013 waren wir, Mattias Keller inzwischen erwachsen, dessen Vater, Gina und ich in diese Haue unterwegs. Erstmals weiteten wir das längst vergessene Mundloch soweit das unsere Körper hindurch schlüpfen konnten.

Grube 4 Guppenalp

Im Innern ein sauber ausgearbeiteter Stollen . Tatsächlich sind an den Wänden,  wie auch am Schlammboden, Indizien für reichlich Wasser im Stollen erkennbar. Bei unserer Befahrung jedoch schien das Wasser versickert zu sein. Nach Lasermessung sitzt eine hartnäckige Versturzstelle rund 20 Meter ab Mundloch im Stollen fest. Der Versturz stammt von einer Störungszone die immer wieder weiches Material nachschüttete. Wir machten uns alsbald daran das weiche Gesteinsmaterial,  dem angenommenen Stollenverlauf folgend, auszugraben und tatsächlich fand sich nach rund 1 Stunde schweisstreibender Schaufelarbeit der erhoffte Weiterverlauf. Nach Versturz folgt eine schräge Engstelle die nach rund 2 Metern in ein prächtig geschrämtes Stollenprofil mündet.

Grube 4 Guppenalp

Die Menschen waren anno 1560 von kleiner Statur, hinzukommend war deren Arbeit keineswegs von bequemer Haltung wenn doch in diesem Stollenabschnitt ein Meister der der Schrämkunst am Werken war. Die Stollenhöhe erreicht selten meine stehende Körpergrösse, 165 cm, einzig am Schluss scheint ein kleiner Hochstoss versucht worden zu sein welcher jedoch schnell aufgegeben wurde.

Grube 4 Guppenalp

Grubenplan gross machen, Grubenplan anklicken.

Der geschrämte Teil ist rund 30 Meter lang mit kleinem Seitenstoss 27 Meter ab Mundloch. Indes finden sich keinerlei Anzeichen für einen erfolgen Abbau. Das Fehlen jeglicher Spuren aktueller menschlicher Erkundungen wie auch die hartnäckige Störungszone, die uns eine Stunde Schwerstarbeit kostete, legen die Vermutung nahe das lange niemand diesen Stollen zu Gesicht bekam. Auch die Schwändibuben dürften das obere Werk, Stollen 3 besucht haben. Deren Fantasie indes machte aus Dunkelheit und effektiven 100 Metern, 300 Metern, mächtige Seen und darin plantschende Seeungeheuer.

Ich glaube in den Jahren zwischen 1538 und 1560 sei folgendes geschehen,

Stollen 4 war der Versuch die gefundene Erzschicht von Stollen 3 zu unterfahren. Man glaubte die fallende Erzschicht rund 20 Meter tiefer wieder aufspüren zu können.

Auf Niveau 1325m sind verschiedene mehr oder minder grosse Schürfungen erkennbar. Eine dieser Schürfungen offenbarte reiches Erz. Die 1325er Schürfungen neigen alle abwärts. Der Versuch auf 1302 Metern die glaubten Erzschichten anzufahren schien damals ein lohnenswertes Unterfangen wäre doch bei Durchstich zu Grube 3 gleichzeitig eine effiziente Entwässerung der Grube 3 geschaffen worden.  Statt des Feuersetzens wie bei Grube 3 setzten die Bergarbeiter in neunen Werk auf Schrämarbeit in der Hoffnung das oben abgebaute Erz unterhalb in grosser Fülle anzutreffen.

Es kam alles anders und auch nach 50 Metern machte sich nicht ein Krümelchen Erz bemerkbar. Der abschliessende Hochstoss, rund 240 cm ab Stollenboden war noch der letzte Versuch diese Haue zu legitimieren. Auch dies führte zu keinem Erfolg der Stollen war fortan aufgegeben.

Nicht 100prozenztig geklärt indes bleibt die Störungszone und ein möglicher zweiter Stollen welcher Westwärts nach Erz suchte. Ich glaubte beim Graben an einen Verlauf in westliche Richtung, Matti wiederum schlug die Ostrichtung, welche letztlich zu Resultaten führte, vor. Da nicht eindeutig leergeräumt, könnte an der Versturzstelle, 20 Meter ab Mundloch, durchaus ein zweiter Stollen in Westrichtung abzweigen. Wissen indes werden wir dies wahrscheinlich nie genau. Die Störungszone müsste zur Sicherung ausgezimmert werden was ein beträchtlicher Aufwand sein dürfte.

Weiteres von mir zu diesen Bergwerken
Das Geheimnis des Isenbergs letzer Beitrag
Und nochmals Guppen die Ausarbeitung 3er Besuche
Guppen die Suche nach dem Hauptvorkommen
Handverlesenes Eisen ein erster Guppenbesuch

Links zum Guppenalpbergwerk
Bergknappe Nr 22
HJ Keller Guppenseite

Dankeschön an Miterkunder
Hansjürg Keller, Matthias Keller, Gina Rickenmann

Bildquellen: Hansjürg Keller, Matthias Keller
Originalgrubenplan Grube 3 Schweizerische Gesellschaft für historische Bergbauforschung