Ewattinger Geheimnisse

Es gibt nach wie vor im deutscher Nachbarschaft viel Untertägies zu erkunden. Insbesondere die Verknüpfungen mit den Wirren um den 2 Weltkrieg öffnen mir neue, äusserst spannende Dimensionen möglicher, aktueller Bergbauforschung.

Und, zweifelsohne, auch die Landschaft um die Wutach herum versetzt uns, Hochgebirgsverwohnte Schweizer, immer wieder ins staunen.

Ewattingen

Da mein Auto auch ganz gut als Schneemobil funktioniert, waren wir, mein geduldiger Begleiter Matti und ich, in schöner und geheimnisumwitterten Wutachmühle bei Ewattingen. Genauer gesagt am ehemaligen Zubringer, der Gipsgrube am Gänsbach. Doch erstmals, die Fahrt dorthin, auf prächtiger Anhöhe knapp vor Ewattingen und in genannten 800 Meter Plus Meereshöhe, ein erster Fototermin zur Bestaunung der Landschaft.

Wieder zurück zur Ursprungsgeschichte, das Jahr 1945 wird genannt als Dorfchronist und Pfarrer August Gantner aus Ewattingen die letzten Kriegsereignisse in dessen Gemeinde niederschreibt. Die Schwarzwaldarmee beschiesst die Ewattinger Kirche und die Dorfbevölkerung macht sich auf den Weg in die, zur U-Verlagerung umfunktionierte aber nie so richtig genutzte, Gipsgrube am Gänsbach.

Die Gipsgrube ist immer wieder in historischen Dokumenten erwähnt und tatsächlich noch in Neuzeit um 1950 wieder als Gipsabbaustelle genutzt worden also ein Ziel welches genauerer Untersuchung bedurfte.

Gipsgrube Wutachmühle

Heute sitzt der vermutete Eingang zum Untertagewerk an tiefster Stelle eines Steinbruchs. Ein nur sehr spärlich lesebarer Grubenplan interpretierte ich neu zu einem sauberen Grundriss auf welchem die Steinbruchkonturen erkennbar wurden. Somit führte uns der Grubenplan genau an ein Magerbetonkegel welcher allmählich Sinn zu machen schien.

Oberhalb des Magerbetonstützelementes sind zwei in der Felswand eingemauerte und richtig verbogene Stahlprofile erkennbar. Noch sind die Dinger etwas rätselhaft doch die genauere Sichtung offenbart deren möglicher Zweck.

Es zeigt sich dass die Eisenprofile rudimentär gebogene Stollenbahnschienen sind. Beide U-Winkel liegen senkrecht im Abstand von rund 7 Meter übereinander. Beide sind sichtlich vom Steinschlag zusammengestaucht aber noch immer fest im Fels verankert. Ein drittes Profil liegt, im Baumgetümmel verfangen, ziemlich unkenntlich verbogen, herum.

Auch der Betonblock weiss einige Geschichten zu erzählen. Gemäss Grubenplan steht dieser an einer Mundlochkannte. Welche indes sorgte für kontroverse Diskussionen zwischen meinem Begleiter und mir.

Die Westseite des Betonmauerwerks zeigt eine auffällige Musterung deren Auflösung nach nur wenigen Schaufelhüben eindeutig zu tage trat. Westseitig, nach kurzer Erdtiefe, der Mauer folgend, klebt ein Vollbacksteinmauerwerk am Betonriegel. Beim Graben finden wir immer wieder wild herumliegende Backsteine die eindeutig in früherer Zeit sich vom Betonklotz lösten und zu Boden stürzten. Aus meiner Sicht ist dies eindeutiges Indiz für nen ausgemauertes Mundloch. Matti indes, sich auf den Grubenplan berufend, will den Bergwerkseinstieg eher Ostseitig erkennen. Tatsächlich ist, aus dem Grubenplan herauslesend, die Eingangsposition doch eher Ostseitig angesiedelt doch diese Seite, dem Betonriegel folgend zeigt eine raue, sehr rudimentär ausgeschallte, Betonoberfläche. Die beiden, im Fels eingelassenen Bügeln liegen, geistig etwas zurückgestaucht, vertikal Ostseitig des Betonkegels was wiederum ein möglicher Zusammenhang zum Mundloch Ostseitig erklären könnte.

Am Betonkegel finden wir weiter zwei Stirnseitige Einbuchtungen. Die Untere von uns ausgegrabene Einbuchtung ist mit zwei Vollmaterialbacksteinen, wie sie zuhauf im westseitigem Loch liegen, ausgefüllt. Die obere Einbuchtung ist, grob geschätzt, in, weit verbreiteten Kantholznormmassen, dimensioniert. Das dieser Ausschnitt einst ein Kantholz trug scheint somit durchaus denkbar.

Gipsgrube Wutachmühle

Seitlich der Tagebaugrube glaubt mein Freund eine leichte Trasseeinbuchtung im Gelände zu erkennen.

Gipsgrube Wutachmühle

Tatsächlich scheint hier einst ein Weg, ein Bremsberg oder, wie in teils Literatur beschrieben, eine Seilbahn sich den Weg talabwärts gebahnt zu haben. Auf dem Bild die Sicht vom Trasse aus in Richtung West an die nackte Steinbruchwand welche oberhalb des Mundlochs thront. Auch die beiden Bügel sind aus dieser Perspektive erkennbar und nun etwas einleuchtender Interpretierbar.

Gipsgrube Wutachmühle

Der von mir rekonstruierte Grubenplan dürfte im Original so um die Jahre 1940 entstanden sein. Die hier dargestellten Stollen entsprechen dem Beschrieb aus dem „JIOA Final Report“. Im JIOA Final Report werden die Untertageindustrieverlagerungen die während dem Naziregime angelegt wurden, minutiös gelistet.

Die Gipsgrube ist auch so gelistet unter dem Decknamen Wichert. In den Gipsstollen solle, so wird berichtet, die Kienzle Apparate Bau AG Villingen Flugmotorenregler zusammengeschraubt haben. Nicht restlos geklärt ist inwiefern die Kienzle tatsächlich genannte Untertagekavernen nutzten. Tatsache jedoch, der JIOA Final Report beschreibt Stollenlänge und Dimensionen ziemlich stimmig mit dem mir bekanntem Grubenplan. Weiter nennt der Bericht eine Backstein gemauerte Trafostation die a) zu einem Industriebetrieb passen würde b) die noch heute vorhandenen, im Fels eingemauerten, Bügel recht genau erklären würden. Aus meiner Betrachtung könnte an den Eisenstützen eine Mittelspannungsleitung gehangen sein. Dimensionen, Abstände und so könnten ganz gut zu Kriegsmässig erstellten Isolatorenträger passen. Die vom JIOA Final Report genannten Bricks sind auch so auf dem Steinbruchgelände allgegenwärtig.

Eine Zwangsarbeiterbaracke solle lange bis in die 1960er Jahre an der Wutachmühle gestanden haben.

Pfarrer August Gantner aus Ewattingen wiederum beschreibt die Flucht in die Stollenanlage des Industriebetriebs Kienzle beim der Bombardierung des Dorfes Ewattingen am 24.4.1945.

Die Gipsstollen existieren und diese haben eindeutig eine wichtige Bedeutung, gegen Ende des Naziregimes, inne gehabt.

Es gibt kein Zweifel wir liegen ziemlich richtig doch das wenige heraus geschaufelte Material reichte nicht um die Stollendecke zu erreichen.

Auch zweifelsfrei eruierbar sind die minimum 3 Bergbauepochen die dies Werk auszeichnen.

Der Steinbruch ist eindeutig älterem Datums und könnte zusammen mit dem grösserem, westwärts liegendem Steinbruch im 19ten Jahrhundert den Gipsrohstoff in die Wutachmühle geliefert haben.

Kurz vor respektive im 2. WK wird wohl die Umstellung auf Untertagebau erfolgt sein. Es spricht einiges für den Seilbahnbetrieb über die gefundene Waldschneise. Gegen Kriegsende wird wahrscheinlich die Flugmotorenregler-Fabrik ins Bergwerk eingebaut.

Gipsgrube Wutachmühle

Bildquelle: map.geo.admin.ch

Um die 1954er sind, wie auf dem Flugbild erkennbar, Lastwagen im Einsatz. Das längliche Gebäude dürfte die Seilbahnentladestation gewesen sein die, anno Flugbild, eindeutig seiner Funktion beraubt wurde. Auch die Zwangsarbeiterbaracke könnte im Bild zuoberst Links noch erkennbar sein.

Wutachmühle

Bildquelle: map.geo.admin.ch

Auch der Kartenausschnitt aus dem Jahre 1970 deutet eher auf eine Strasse als auf eine Seilbahn hin. Der Steinbruch ist gestalterisch stark herausgehoben als hätte nochmals ein reger Tagbau geherrscht während die Stollen vielleicht allmählich verfielen.

Alleweil werden wir genaue Erkenntnis allerhöchst beim Einstig ins Untertagewerk erfahren bis dahin bitte ich die interessierte Leserschaft um etwas Geduld.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert