Cava da Mettal

Nachdem ich neulich über die unteren geheimnisvollen Stollen vom Bergwerk Cava da Mettal, im Beitrag Das Geheimnis von Affeier berichtete, will ich nun die rund 33 Meter empor klettern und die Gänge des eigentlichen Kupfer und Silberbergwerks „Cava da Mettal“ genauer beschreiben.

Es war wieder ein toller Ausflug mit ebenso toller Mannschaft an schönem Oktobertag welcher mich in diese antike und doch besterhaltene Unterwelt führte.

Im Gegensatz zu den unteren Stollen die beschwerlich, teils über Stock und Stein, von der Station Wartensburg her erreichbar sind, ist der Zugang zum Hauptbergwerk Cava da Mettal relativ bequem, von Affeier her kommend, grösstenteils über den Wanderweg möglich. Einzig die letzten Meter müssen gefährlich am Abgrund nahe, über schmale Felsbandwege, begangen werden. Absolute Schwindelfreiheit ist definitiv von Vorteil. Ich, am 100metrigem Abgrund stehend, dies bei bester Sicht, musste den sogenannten inneren Sauhund doch mehr als einmal konsequent überwinden.

Das Bergwerk liegt hinter einer rund 100 Meter hohen Felswand und ist einzig erreichbar über einen kleinen Schacht welcher mittig auf schmalem Felsplateau mündet.

cavada

Ein lebensmüder Dilettant setzte diesem altertümlichen Bauwerk, ohne erkennbar logischem Grund, eine alte Lüftungsklappe obendrauf. Die Klappe muss, um Zugang ins Bergwerk zu erhalten, auf dem genauso breitem Plateau weggeschoben werden. Das Risiko dass dies, rund 60 Kilo schwere, Aluminiumteil in die Tiefe zischt und jemand ernsthaft verletzt oder gar tötet, ist gross. In diesem Sinne appelliere ich an den dortig ansässigen Bastler, die Gemeinde Obersaxen ist unschuldig, dies gefährliche Wurfgeschoss sofort zu entfernen.

Sollte indes, mit einigen helfenden Händen, die Klappe nach vorne geschoben sein, öffnet sich ein 7 Meterschacht von feinster geschämter Handwerkskunst. Der Schacht so vermute ich, könnte, als Entlastung des gefährlichen Erstzugangs, um 1700, ins harte Gestein geschrämt worden sein doch dazu näheres im unteren Teil meines Ergusses.

Cava da Mettal

Die innendrinstehende Leiter indes ist doch eher dem späten 20ten Jahrhundert zuzuordnen und klar von grosser Hilfe. Am Schachtboden öffnet sich ein Gangwirrwar, selten in Profilhöhe über 1 Meter, wie dieses um die Spätmittelalterzeit üblich war. Es dürfte am unteren Schachtende der älteste Bergwerksteil Cava da Mettal angeschlossen sein. In Westrichtung folgt ein Stollenfester welches in der Felswand mündet.

Cava da Mettal

In diesem Fenster-Stollenbau sind einige mächtige Felspartien, dem Tag folgend, in Süd und Nordrichtung, ausgekratzt. Es dürfte folglich, an dieser luftigen Stelle, die Suche Fahlerz zur Herstellung von Kupfer und etwas weniges Silber, ihren Ursprung genommen haben.

Cava da Mettal

Am Stollenfenster, aufwärts blickend, liegt ein sauber gearbeiteter, rechteckiger Felswandeinschnitt, welcher parallel zum unterirdischen Einstiegsschacht, auch aufs Einstiegsplateau führt. Auch bei diesem Bauwerk sind deutliche Schrämspuren sichtbar, hinzukommend findet sich nicht annähernd Indizien für getätigte Bohrarbeiten. Ergo ist auch dieses Bauwerk älteren Datums. Ich glaube gar das einst dieser Einschnitt als Erzförderschacht gebaut wurde und lange vor dem Schacht im Berginnern seine Dienste tat, dazu mehr im unteren Berichtteil.

Cava da Mettal

Der Blick, mir einige Überwindung kostend, zum Stollenfenster heraus aufs gegenüberliegende Felspanorama offenbart die neulich erkundeten und im Beitrag Das Geheimnis von Affeier beschriebenen, Stollenbauten. Im unteren Bildteil der untere Stollen die saftige Wiese erreichend, während der obere Stollen erkennbar ziemlich Bildmittig sitzt. Beide Stollen, wissen wir gegenwärtig, haben keine Verbindung zum Hauptbergwerk und können folglich Sinnvoll nur von unten, Station Waltensburg, erreicht werden.

Cava da Mettal

Wieder im Schutz der Dunkelheit fühlte ich mich deutlich sicherer womit ich Höhenangstfrei, gemeinsam mit meinen Begleitern, die weiteren Untertagebauten des Cava da Mettal Labyrinths erkunden konnte. Noch immer in altertümlichen Stollenwerken unterwegs, wahrscheinlich ums 1600 gebaut, bewegten wir uns in Südrichtung durch schmale Gänge an allerlei mit Versatz gefüllten Spuntwänden vorbei. Das Bergwerk ist trotz seines hohen Alters in topzustand und nur selten zeigt das Holz, in diesen alten Regionen, Fäulniserscheinungen. Diese Tatsache gründet hauptsächlich auf die optimale Luftzirkulation welche wiederum die Folge der offenen Stollenfenstern ist. Kurze Momente gar, bei sehr schwachem Licht, war ich geneigt zu glauben mitten im handwerklichem Treiben, um die Jahre 1600, zu stehen.

Cava da Mettal

Die Stollenbauten fallen im Winkel von rund 20 Grad in südliche Richtung. Je tiefer wir im Berg eindringen desto moderner werden die Bergbauspuren, Bohrlöcher tauchen zunehmend auf. An den offenen Stollenfenstern vorbei, deutlich an Bergtiefe gewinnend, nimmt allmählich die Belüftung ab womit das Klima deutlich frischer wird und ein leicht schwefliger Geruch sich breit macht. Tatsächlich taucht immer wieder schwefliges Gelb an den Stollen-Decken auf. Versatz ist, an den Stollenseiten, rege verbaut worden was auf einige umgekrempelte Kubikmeter Material schliessen lässt.

Cava da Mettal

In einigen Kammern findet sich sauber verarbeitetes, gebohrtes Holz welches eventuell einst, um 1800, zu einem Mitteldornschienensystem passte.

Cava da Mettal

Das Mitteldornschienensystem glaub ich auch wiederzuerkennen in einem neueren Stollen im Südostteil. Die Stollenprofile sind in diesem Bergbaubereich auf zumeist 2 Meter angewachsen. Aufrechter Gang ist in dieser Zone meist möglich. Indes sind nur wenige Zeichen eines ergiebigen Bergbaus sichtbar. Kaum Versatz und auch kaum leere Kammern zeugen von reichen Kupfer und Silberschätzen und doch gibt’s einige interessante Bauwerke und Spuren, wie etwa eine Stollenbahn, die damalig hochgreifende Pläne vermuten lassen.

Cava da Mettal

Das Gangsystem ist im neueren Teil von stattlicher Grösse. Im Bild der Übergang vom Mittelalterbergbau zum, geglaubt prosperierendem, 19ten Jahrhundert. Es sollen, so wird berichtet, in Epochen um 1800 bis zu 140 Bergarbeiter in der Cava da Mettal gewirkt haben.

Cava da Mettal

Die wirklich interessanten Stollen die Antworten auf unsere Fragen, bezüglich jener damaligen Hochfliegerplänen, geben könnten, sind ziemlich bald im Wasser versoffen. Es bleibt somit eine Vermutung dass dieser, im Bild prächtig wässerige, Untertagebau die eindeutige Lösung zum Geheimnis von Affeier ist.

Zur Verdeutlichung des Werkes ein neuer, etwas schönerer Grubenplan welcher mehr Details zeigt als der Vorherige auf Das Geheimnis von Affeier . Diesmal sollte als Plangrundlage Peter Kellerhals Version herhalten. Diese Zeichnung schien mir deutlich genauer als die verstaubte Staub-Version zu sein. Ergänzt habe ich den Plan mit meinen Beobachtungen respektive mit den Daten von letzer Erkundung aus Das Geheimnis von Affeier .

Cava da Mettal

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Kurzum, der ältere Teil des Bergwerks befindet sich im Norden also oberhalb in der Zeichnung. Wahrscheinlich war in der oberen Felswand eine kaum 2 cm Dicke Fahlerzspur sichtbar welcher, unter Haarsträubenden Bedingungen, ins Berginnere gefolgt wurde.

Cava da Mettal

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In den ersten Bergbauperioden, noch vor dem Bau des luxuriösen Schachtes im Schutze des Felsens, könnten Seilgerüste an der steilen Felswand geklebt haben. Das Erz wurde in den Anfängen vor Ort auf einer kleinen Fläche vor dem Mundloch getrennt. Wertloses Gestein wurde die Felswand hinuntergeworfen, die begehrten Erze wiederum zogen kräftige Männer die Steilwand hinauf. Ziemlich bald entstand der Einschnitt ins Felsmassiv welcher die Kübelhochfahrt erleichtern sollte. Erst Jahre später als dies Bergwerk zunehmend in den Untergrund wuchs könnte der innere Schacht entstanden sein.

Die Geschichte ist vor den Jahren 1500 kaum dokumentiert doch es kann angenommen werden dass bereits etliche Jahre zuvor in der Gegend um Obersaxen reger Bergbau betrieben wurde. Der Flurname Affeier etwa lässt auf mögliche Eisengewinnung schliessen wenn doch diese eher im Zusammenhang mit den Eisen-Bergwerk Platenga steht. Alleweil könnte auch das Bergwerk Cava da Mettal lange vor Nennung bestanden haben.

Eindeutige Erwähnung findet das Bergwerk, unter den Namen Sankt Peter, im Verzeichnis der Erzbergwerke welches im Jahre 1588 der Davoser Bergrichters Christian Gadmer führte. Aus dieser Zeit oder früher könnte der nördlichste Teil der Anlage stammen.

Von Salis beschreibt die Gruben Anno 1810, nun unter dem Namen Cava da Mettal, ausführlich. In dieser Bauepoche sollen bis zu 140 Arbeiter werken. Inzwischen ist ein neuer grosszügiger Scheideplatz im untersten Stollenfenster eingerichtet worden. Von Salis nennt die Stollenwerke grösstenteils so wie sie heute anzutreffen sind. Indes liegen seine Erzbeschreibungen im weit optimistischen Bereich. Fahlerzgänge um 5 cm und mehr Mächtigkeit, wie sie von Salis gesehen haben will, werden Jahre später von etlichen Forschern angezweifelt. Im von Salis Grubenberschrieb erkenne auch ich einige Ungereimtheiten. Der Stollen welcher von Salis 14 Lachter, (14 Lachter x 2,092 Meter) also rund 28 Meter, unterhalb des Erzscheideplatzes beschrieb, solle nach 3 Lachter, 6 Meter, ein 5 cm mächtige Erzlager aufgeschlossen haben. Unsere Beobachtungen fanden nicht die Spur eines Erzstrichleins. Nochmals 14 Lachter tiefer, nun also bereits 28 + 28 Meter ab Scheideplatz, will von Salis erneut ergiebige Erzlager gesichtet haben doch auch in diesem Stollenbau, ganz genau wissend und auf Das Geheimnis von Affeier beschrieben, ist uns nicht das Splitterchen Fahlerz begegnet.

Es zeigt sich mir dass von Salis ein geübter Pokerspieler war und im Bluff ein möglichst geiles Geschäft witterte den wir erkannten ganz andere Zeichen und meine Theorie schliesst an die Jahre von Salis an.

Die Jahre 1810 bis 1840, so glaube ich, klingelten eine ganz neue Bergbauepoche ein. Der, nach von Salis 56 Meter unter dem Scheideplatz liegende Stollen, verlief gänzlich im tauben Zeugs. Die Erzgangrichtung wiederspricht per se dem untersten Stollenverlauf. So verwunderts auch nicht weiter dass der Schacht am Stollenende weitere 14 Meter durch gelangweilten Fels führt. Nicht besser solle es dem kurzen Schrägschacht ergehen auch dieser erzählt von keinen Erzreichtümer. Indessen sind, im eigentlichen Bergwerk Cava da Mettal, die neueren südwestlichen Stollen einem latenten Wasserproblem ausgesetzt. Zwar scheinen diese Stollen, rund 20 Grad Südwärts fallend, den bekannten Erzgangverlauf zu folgen doch bei zunehmender Tiefe und Nähe zum oberhalb liegendem Bach mehrt sich Wasser im Bauwerk. Mühsames Pumpen machte die Ausbeute, welche uns gegenwärtig gänzlich unbekannt ist, unrentabel. Der tieferliegende Stollen hätte das Wasserproblem lösen können und die bekannten Erzlager von unten her anfahren sollen. Die Stollenpositionen können als möglich anschliessend betrachtet werden. So auch meine Definition im Grubenplan als projektierte Stollen.

Ein weiteres Schachtbauwerk im Walde verborgen und fast gänzlich verdeckt lässt weiteren Raum für Spekulationen zu. Ein Schachtwerk, so wird mir erzählt und so will es mein Auge knapp schimmernd im LED-Lampenlicht erkennen, liegt im Wandboden mit minimum 4 Meter Seiger Tiefe. Untendurch betrachtet, im Bergwerk Cava da Mettal, findet sich, in ungefährer Position des obenliegenden Bauwerks, ein steil steigender Schrägschacht. Geschlagene Stufen sind erkennbar im Schrägstollen. Im Anschlussstollen sind noch Holzschienenreste am Stollenboden auszumachen. Auch hier, so glaube ich war Grosses geplant gewesen. Dieser, eindeutig nicht vollendete, Schacht hätte die Bergwerkserschliessung optimiert. Mittels diesem Werk hätten Pferdefuhrwerke bis zum Schachtkopf gelangen können. Der Erzverlad hätte nicht mühsam über die Felsklippen erfolgen müssen. Die Fahlerze wären stattdessen auf direktem Wege vom Schacht auf den Fuhrwerkweg über Affeier, oder damals Viver, zur Schmelze gelangt.

Diese beiden möglichen Projekte könnten einem damalig wiederaufkeimen Cava da Mettal-Bergbaus eingeläutet haben. Dass von Salis, mit seiner durchwegs optimistischen Grubenbeschreibung, durchaus mitverantwortlich war, erscheint denkbar. Vielleicht warens die Britten ähnlich der Val Sassam Mines Company auf Ursera die nochmals richtig durchstarten wollten. Der dritte im Bunde, der lachende von Salis, könnte hierbei vielleicht gar ein dicker Fisch für gar kein Erz an Land gezogen haben. Wissen tun wirs wahrscheinlich gar nie wenn doch der Reiz gross ist, die abgesoffenen Stollen auszupumpen um Näheres zu erfahren.

Quellen
Grubenplan-Grundlage Peter Kellerhals

Geschichte der Grube
Die Fahlerz- und Uranvorkommen bei Affeier (Vorderrheintal, Graubünden) von Thomas Staub

Links auf Luisas Blog:
Der Vorbeitrag, wie genannt Das Geheimnis von Affeier
Bergwerk Ursera Urserianische Kupfererze

Links Fremd
Minaria Helvetica Nr. 17
Bergknape Nr. 32

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